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Rohrstock in englischer Lehrerfamilie
Ich möchte ein Praktikum antreten bei einer kinderreichen englischen Lehrerfamilie. Vater und Mutter üben diesen Beruf aus. Aus der Ferne macht alles den besten Eindruck. Allerdings wurde ich vorsorglich darauf hingewiesen, dass in diesem Hause der Rohrstock zur Anwedung kommt, gemäß einer alten Familientradition. Ich selbst bin eine Gegnerin der Prügelstrafe. Kann mir jemand raten, wie ich mich verhalten soll? Noch besser wäre es, wenn mir jemand über einschlägige Erfahrungen berichten könnte. Lieben Dank!
Nicht die Verhältnisse eines Landes unkritisch auf das andere übertragen. Man darf nicht übersehen, dass England und Schottland eine eigene "Prügelkultur" haben. Lange Zeit war es das Privileg teurer Internate, den Rohrstock zu schwingen, in Schottland den tawse, einen speziellen Erziehungsriemen. Die Mehrheit der britischen Eltern bedauert es, dass in den Schulen nicht mehr gezüchtigt werden darf. Da schreiten die Eltern zur Selbsthilfe. Nach meinen Erfahrungen geschieht dies in äußerst verantwortungsvoller Weise. Meist gibt es auf den bloßen Po mindestens drei, höchstens sechs Hiebe, genannt "six of the best."
Ich zitiere Artikel 19 aus der UN-Kinderrechtskonvention:
Die Vertragsstaaten treffen alle geeigneten Gesetzgebungs-, Verwaltungs-, Sozial- und Bildungsmaßnahmen, um das Kind vor jeder Form körperlicher oder geistiger Gewaltanwendung, Schadenszufügung oder Mißhandlung, vor Verwahrlosung oder Vernachlässigung, vor schlechter Behandlung oder Ausbeutung einschließlich des sexuellen Mißbrauchs zu schützen, solange es sich in der Obhut der Eltern oder eines Elternteils, eines Vormunds oder anderen gesetzlichen Vertreters oder einer anderen Person befindet, die das Kind betreut.
Diese Schutzmaßnahmen sollen je nach den Gegebenheiten wirksame Verfahren zur Aufstellung von Sozialprogrammen enthalten, die dem Kind und denen, die es betreuen, die erforderliche Unterstützung gewähren und andere Formen der Vorbeugung vorsehen sowie Maßnahmen zur Aufdeckung, Meldung, Weiterverweisung, Untersuchung, Behandlung und Nachbetreuung in den in Absatz 1 beschriebenen Fällen schlechter Behandlung von Kindern und gegebenenfalls für das Einschreiten der Gerichte.
Diese Konvention hat England unterzeichnet. Die britische Gesellschaft sollte weiter sein. Das finden übrigens auch die britische Kinderrechtsorganisation "Fair Play for Children" oder die Organisation EPOCH, die in England eine Broschüre mit dem Titel "Hitting Children is wrong and children are people too" herausgibt.
Wenn sich die Vereinten Nationen darauf einigen konnten, dass die Staaten Kinder vor jeglicher körperlicher Gewaltanwendung schützen sollen, dann kann man auch nicht davon sprechen, dass hier deutsche Ansichten "unkritisch" auf eine fremde Kultur übertragen werden.
Es geht hier auch nicht um kulturellen Relativismus. Es war konkret gefragt, wie sich eine Deutsche in einer fremden Kultur verhalten soll. Seine Werte kann man nicht einfach an der Landesgrenze abgeben. Wer das doch kann, hatte nie welche.
Wer ins Ausland geht, der sollte sich niemals einbilden, er koennte eine andere Kultur nach seinem Vorbild formen. Auch ich musste mich in England an den Rohrstock gewoehnen, als "Opfer" und als "Taeterin". Stets waren die entbloesten Pobacken dem bissigen Rohrstock ausgeliefert.
Niemand sollte sich dadurch von einem England-Aufenthalt abhalten lassen. Wenn ueberhaupt, dann wird der Rohrstock, in Schottland der tawse mit grossem Verantwortungsbewusstsein gefuehrt. Viele Eltern verzichten ganz darauf. Andere ueberlassen den Strafvollzug einer Nachhilfelehrerin.
In der Tat sollte sich niemand von einem Auslandsaufenthalt in England abhalten lassen. Als ich in England gearbeitet habe, hatte ich nicht häufiger mit schlagenden Eltern zu tun als hier in Deutschland. Die überwiegende Mehrheit der Arbeitgeber wird euch nie mit der Forderung konfrontieren, Kinder zu schlagen. Öffentliche Arbeitgeber werden das sowieso nicht tun, weil es nämlich verboten ist. Genau wie in Deutschland gibt es auch in England zahlreiche Organisationen ähnlich dem Kinderschutzbund, die sich dafür einsetzen, Kinder vor häuslicher und institutioneller Gewalt zu schützen. Und die Eltern dabei helfen, andere Möglichkeiten zu finden, mit ihren Kindern umzugehen.
Was hier noch gar nicht zur Sprache kam, sind mögliche juristische Implikationen des Schlagens. Ich würde mich jedenfalls nicht darauf verlassen, dass ein englischer Richter sich im Falle eines Falles überzeugen lässt, dass Schlagen von Kindern eine besonders gelungene Anpassung an seine Kultur darstellt. Vermutlich würde er auf die UN-Konvention verweisen, die England unterzeichnet hat. Wer in einer englischen Familie prügelt, liefert sich (genau wie Deutschland) der Verschwiegenheit und dem Wohlwollen der Eltern aus, die es sich schließlich auch einmal anders überlegen könnten.
Oh gott laß die Finger davon, war selbst schon in England bei einer Familie als Au-Pair tätig. Ich hatte das GLÜCK eine super Familie erwischt zu haben. Aber Freunde von mir waren da anders dran. Bei meiner einen Freundin war auch körperlichen Züchtigung um es mal hart auszudrücken immer wieder angesagt und sie ist damal zwischen die Fronten geraten und ab da an haben ihr die Eltern das leben echt schwer gemacht, überhaupt wär ich schon bei drei Kindern in England vorsichtig. Die Kinder werden dort ganz anders erzogen und ich empfand es manchmal als ziemlich seltsam.
Ich rate dir nur überleg es dir gut. England kann schön sein wenn das Umfeld stimmt....
Ich würde auch nicht für diese Familie arbeiten. Weisst Du es, vielleicht verlangt man von Dir, wenn Du erst mal dort bist, dass Du auch prügelst.
Außerdem müsstest Du Dich die ganze Zeit quälen, denn Du vertrittst ja andere Ansichten. Glaub ja nicht, dass Du diese ändern kannst...
ankasis
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