Hat jemand gut Infos über j. Korzcak?

01.10.2003 18:52
avatar  Kim ( gelöscht )
#1
Ki
Kim ( gelöscht )

Hallo
Ich muß in den nächsten 2 Wochen ien Facharbeit über die Arbeit von j. Korzcak schreiben. Kann mit jemand helfen und mir gut Fachbücher/ -texte geben?
Über antwort würde ich mich sehr freuen.
Danke für eure Mühe ...

Kim


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02.10.2003 22:43
avatar  Janina ( gelöscht )
#2
Ja
Janina ( gelöscht )

hier etwas über janus Korzcak
Wer war eigentlich Janusz Korczak?
Janusz Korczak wurde am 22. Juli 1878 als Henryk Goldszmit in Warschau geboren. In einer assimilierten jüdischen Familie aufwachsend entschied er sich für das Medizinstudium. Durch sein gleichzeitiges literarisches Engagement wurde er schon früh als Schriftsteller in Polen bekannt. Obwohl ihm ein unaufhaltsamer internationaler akademischer Aufstieg bevorstand, wählte er einen anderen Weg: er wollte den Armen und Waisen in den Elendsvierteltn Warschaus helfen. Schon als kleiner Junge hatte er heimlich das Elternhaus verlassen, um mit den armen Kindern der Hinterhöfe zu spielen. Parallel zu seiner Entscheidung gegen eine bürgerliche private Karriere, für ein Leben mit sozial benachteiligten Kindern verlief sein Namenswechsel: aus Henryk Godszmit wurde Janusz Korczak. Das Pseudonym entnahm er einem beliebten polnischen Roman des 19. Jahrhunderts: der Geschichte von J.I. Kraszewski über "Janasz Korczak und die schöne Schwertfegerin". Der Drucker machte versehentlich aus einem Janasz einen Janusz Korczak - und dabei blieb es.
Ab 1911 leitete Korczak das nach seinen Plänen errichtete Waisenhaus Dom Sierot. Hier entwickelte er aus der refektierten Praxis heraus seine Vorstellungen von Erziehung als einer Utopie von einer friedfertigen, klassenlosen Gesellschaft. Denn für Korczak war die Welt bisher eingeteilt in zwei Klassen : in Erwachsen und Kinder. Zwischen beiden herrschte ein Kampf - allerdings ein Kampf von Ungleichen, denn die Kinder waren in diesem Kampf hoffnunglos unterlegen.
Das gemeinsame gesellschaftliche Los der Kleinen ist die Kindheit, die Korczak ihnen und den Erwachsenen bewusst machen will. Hier beginnt der grosse wichtige Klassenkampf der Menschheit. Denn bis in Korczaks Zeit hinein war das Kind nur der Noch-nicht-Erwachsene, ein artig dressierter, willen- und rechtloser, erst in der Zukunft ernst zu nehmender Mensch, ein Projektionsobjekt von Eltern für im eigenen Leben nicht Erreichtes. Wir Erwachsenen, schreibt Korczak sinngemäss, haben uns so eingerichtet, dass die Kinder uns möglichst wenig stören, möglichst wenig ahnen, wer wir eigentlich sind. So verweigern wir uns. Zugleich kennen wir natürlich den Weg zum Glück. Wir geben Hinweise und Ratschläge, wir lenken und korrigieren, das Kind tut nichts, wir tun alles. Wir befehlen und verlangen Gehorsam. Es sind ja unsere Kinder, unser Eigentum. Gibt es in der Geschichte wohl ein Beispiel für ähnliche Tyrannei?
Neben der Leitung des Kinderhauses Dom Sierot und eines weiteren, Nasz Dom, ist Korczak unentwegt damit beschäftigt, seine Erfahrungen zu durchdenken, seine Erziehungsentwürfe zu konkretisieren und mit allen Kräften für die Verbesserung des Loses der Kinder der Strassen zu arbeiten. In seinen beiden Kinderbüchern von König Hänschen - genauer - Krol Macius - z.B. beschreibt Korczak, wie Kinder als Sachkenner in Angelegenheiten von Kindern ihre Welt ordnen und wie Erwachsene ihnen dabei helfen können.
In den pädagogischen Hauptbüchern "Wie man ein Kind lieben soll" und "Das Recht des Kindes auf Achtung" unterbreitet er seine durch Erfahrung und liebenden Einsatz gewonnenen Einsichten für eine bessere Erziehung. Dabei handelt es sich nicht um ein geschlossenes Theoriegebäude mit ableitbaren Handlungsanweisungen. Seine Pädagogik ist vielmehr ein Appell an Erwachsene, ihre Haltung dem Kind gegenüber zu überprüfen und sich selbst zu ändern.
Im Dom Sierot realisiert er seine Vorstellungen von einer demokratischen Kinderrepublik. Da gibt es ein Parlament, ein Kindergericht, eine Kinderzeitung und viele andere "Institutionen", mit denen und in denen Kinder und Erzieher lernen können, so miteinander zu leben, daß die eine Gruppe nicht die andere unterdrückt oder dominiert.
Ausser Heimleiter, Arzt und Literat war Janusz Korczak Mitarbeiter beim polnischen Rundfunk, Leiter einer Versuchsschule, Herausgeber einer Kinderzeitung und Redner an polnischen Hochschulen.
Nach Kriegsausbruch 1939 zog der seine polnische Offiziersuniform wieder an, die er schon als Militärarzt getragen hatte, und demonstrierte auf diese Weise seine Loyalität mit dem angegriffenen polnischen Volk.
Als das Ghetto errichtet wurde, musste das jüdische Waisenhaus ebenfalls in ein Haus innerhalb der Ghetto-Mauern ziehen. Dort lebten Korczak und die Kinder unter unsäglichen Bedingungen bis die Nazis am 22. Juli 1942 mit der Massentötung der Bevölkerung des Warschauer Ghettos durch die "Umsiedlung" nach Treblinka begannen.
Am Mittwoch, dem 5. August 1942, war das bisher verschont gebliebene Waisenhaus Korczaks an der Reihe.
Dr. Korczak selbst hatte wiederholt die Möglichkeit gehabt, sein Leben zu retten. Aber alle diesbezüglichen Vorschläge lehnte er entrüstet ab. Er hätte eine solche Tat als Verrat an den Kindern und an seiner Aufgabe betrachtet.
Bearbeiteter Auszug aus: Friedhelm Beiner: Janusz Korczak. Ein Wegbereiter der modernen Erlebnispädagogik ?


Die Beziehung zwischen Erwachsenem und Kind bei Janusz Korczak
Von Lavinia Korte
Julius- Maximilians Universität Würzburg, Institut für Pädagogik, Lehrstuhl I, WS 2002/03, Proseminar: Das „Jahrhundert des Kindes“- Rückblick und Ausblick

Einleitung
Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Beziehung zwischen Erwachsenem und Kind in Janusz Korczaks Buch „Wie man ein Kind lieben soll“, wobei ich mich hierbei dem ersten und umfangreichsten Teil des Buches gewidmet habe, der den Titel „Das Kind in der Familie“ trägt.Korczak stellt hier ausschließlich die Entwicklung des Kindes von den frühen Lebensjahren bis zu den Jugendjahren dar, wobei er vor allem auf die Beziehung zwischen dem Erwachsenen und dem Kind und den Besonderheiten dieser Beziehung eingeht.
Ücber Korczak, insbesondere über seine Pädagogik ist ein enormes Spektrum an Literatur zu finden, wobei hierbei vorrangig auf sein Leben Bezug genommen wurde und nicht so sehr auf seine pädagogischen Hintergründe. Diese pädagogischen Hintergründe sind vor allem die Liebe zum Kind, zu Kindern. Warum diese Liebe auch mit Korczaks Tod eng verknüpft ist, werde ich noch erläutern.
Bei meiner Recherche habe ich außerdem zwei weitere Schriften von Janusz Korczak, den Band “Von Kindern und anderen Vorbildern“ und „Das Recht des Kindes auf Achtung“ hinzugezogen sowie zwei Biographien, Erich Dauzenroths „Ein Leben für Kinder“ und außerdem die Biographie von Wolfgang Pelzer „Janusz Korczak“.
Janusz Korczaks Tod liegt nun sechzig Jahre zurück und die Fülle von Literatur, die über ihn zu finden ist, hängt mit seinem tragischen Tod und dem der Kinder zusammen, die er über Jahre in seinem Waisenhaus „Nasz dom“ in Warschau betreut und begleitet hatte.
Nach über zwanzigjährigem Bestehen des Waisenhauses wurden Korczak und seine Kinder 1940 gezwungen, in das am Rande von Warschau errichtete „Warschauer Ghetto“ umzusiedeln, wo sie bis zu ihrer Deportation 1942 in das Vernichtungslager Treblinka zwei Jahre in Elend und Armut verbrachten und wo sich ihre Spuren verlieren.
Korczak hätte die Möglichkeit gehabt, sie wurde ihm zweimal geboten, dem Tod im Vernichtungslager zu entkommen, doch er lehnte dies aus Liebe zu seinen Kindern ab. Durch diese Handlung ist er bis heute zu einem Symbol der bedingungslosen Liebe zu Kindern und der Menschlichkeit geworden.
Vor seinem Tod hat Korczak schon zahlreiche Bücher und Schriften veröffentlicht, die sich alle mit dem Thema Kind beschäftigen. „Wie man ein Kind lieben soll“ erschien erstmals 1918. Dies liegt fast ein ganzes Jahrhundert zurück, viel wurde über Korczak geschrieben, viel über seine Pädagogik spekuliert und viele seiner Gedanken sind seither vielleicht in Vergessenheit geraten.
Das Ziel dieser Arbeit soll nun sein, die Aktualität der Gedanken und Beobachtungen Korczaks herauszuarbeiten. Was können Erwachsene, d.h. Eltern, Erzieher und Pädagogen heute von Korczak lernen? Nachdem wir soviel über das Kind, seine psychische und körperliche Entwicklung in den frühen Lebensmonaten und –jahren erfahren haben, nachdem das Kind von der Wissenschaft der Psychologie und Pädagogik bis aufs letzte erforscht und analysiert wurde, kann man sich vielleicht gerade jetzt auf Korczak zurückberufen. Man kann seine Überlegungen noch einmal hinzuziehen, um das Kind wieder in einem anderen Licht zu betrachten. Diese Arbeit macht sich nicht zum Ziel das Kind zu durchleuchten, um danach ein fertiges Rezept für die pädagogische Begegnung mit Kindern zu erstellen, sondern sie will eine Wahrheit, eine Grundthese, die in allen pädagogischen Theorien verlorengegangen ist, festhalten und aktualisieren.
Hier soll noch einmal mit Korczak gefragt werden : Was beieinflußt unser Handeln, was beieinflußt uns als Erwachsene im Umgang mit dem Kind?
In der heutigen Zeit würde wohl niemand mit so wenig pädagogischen Theorien in Bezug auf das Kind auskommen wie Korczak es tat. Gerade deshalb ist es an der Zeit sich auf Korczak zurückzubesinnen, der eben nicht alle Behauptungen, die er aufstellt stimmig begründet, sondern Überlegungen anstellt, sie wieder verwirft, aber dabei nah beim Kind bleibt und es interessiert und begeistert beobachtet, nicht unbedingt nach Lösungen strebt und dennoch Lösungen findet, von denen man heute wieder lernen kann.
Zunächst soll es also um das Kind gehen, um seine Situation, seine Ausgangslage. Es soll erneut versucht werden, zu verstehen, sich einzufühlen in die Lage eines Wesens, des Säuglings, der neu in diese Welt kommt, die Welt der Erwachsenen und was diese Situation ausmacht. Ebenso soll die Situation des Heranwachsenden verstanden werden, was geschieht nämlich, wenn das Kind erwachsen wird?
Der bedeutendste Teil dieser Arbeit widmet sich der Begegnung von Kind und Erwachsenem, dem, was diese besondere Beziehung ausmacht und vor allem welche Gefühle, Erwartungen und Wünsche der Eltern an das Kind damit verknüpft sind, sowohl schon während der Schwangerschaft, des Kleinkind- und Kindesalters, als auch im Jugendalter. Korczak bietet in seinem Buch zahlreiche Beispiele typischer Verhaltensweisen von Eltern und Erziehern in ihren Begegnungen mit dem Kind. Er findet auch viele Kritikpunkte und stellt Überlegungen an, wie man die Rechte und die Situation des Kindes verbessern und sein Leben, sein Aufwachsen in dieser Welt anders gestalten könnte.
Hierbei entwirft Korczak eine neue und einzigartige Sicht des Kindes, die das Bild der schönen Kindheit verwirft und zeigt, welche Anstrengung und Last auch damit verbunden ist Kind zu sein. Schließlich soll erläutert werden, was seine Beobachtungen und Überlegungen so besonders macht.
Im Endteil werden kurz eigene Praxiserfahrungen im Umgang mit Kindern mit einbezogen, um sie mit Korczaks Thesen zu vergleichen und diese zu unterstreichen. Es soll versucht werden, alle hier gestellten Fragen zu beantworten und noch einmal alles Gesagte zu reflektieren.

1.Das Kind / der Jugendliche
1.1. Die Situation des Kindes: Was bedeutet Kind sein?
„Wenn wir die Urformen von Gedanken, Gefühlen und Bestrebungen kennenlernen wollen, bevor sie sich entwickeln, differenzieren und definieren, müssen wir uns ihm, dem Säugling zuwenden“ (Korczak, J., 1998, S.26).
Tun wir dies also: Der Säugling befindet sich am Anfang aller Prozesse des menschlichen Lebens, in einer vollkommen unbekannten Welt. Alles, was in seiner Umgebung geschieht, ist fremd, unbekannt, ja mächtig, weil er, der Säugling noch ohnmächtig ist, orientierungslos, auf Hilfe angewiesen.
Aus diesem Zustand heraus sucht der Säugling nach Orientierung: Was ist sicher in dieser unbekannten Welt, was ist wiederkehrend, worauf kann er vertrauen? Wiederkehrend ist das Gesicht, der Geruch der Mutter, die Brust, die ihn stillt. Hier ist Sicherheit zu finden. Doch auch die Stimme der Mutter ist nicht immer gleich, mal ist sie hoch und hell, mal tief, mal sind die Hände, die ihn hochheben kalt, mal warm. Immer wieder neue Gesichter, neue Bilder treten vor sein Auge: “Was besagt der forschende Blick eines Kindes anders als die Frage: “Was ist das?“ (Korczak, J., 1998, S.36 )
Also muss sich das Kind auch fragen: Ist es gut oder ist es böse? (vgl. Korczak, J., 1998, S.33) Das Lächeln der Mutter ist gut, das laute Bellen eines Hundes böse. Dies ist ein erster Schritt im Kennenlernen der Welt, um zu verstehen wie alles beschaffen ist. Der Sprache noch nicht mächtig, ist das Kleinkind empfindsamer für Sinneswahrnehmungen, Stimmungen, Gefühle. Die Welt besteht aus Lauten, Tönen, Farben und Gefühlen, die noch nicht definiert sind. Die Erfahrungen, die gemacht werden, sind zu diesem Zeitpunkt um so prägender, sie prägen sich dem Kind ein: ein lachendes oder ein trauriges Gesicht, eine zornige oder eine liebevoll klingende, sanfte Stimme bekommen hier eine ganz andere Bedeutung (vgl. Korczak, J., 1998, S.37).
Kind sein bedeutet folglich klein sein, während fast alles andere groß ist und das Bedürfnis zu haben, alles zu begreifen, um sich die Welt zu eigen zu machen. Dies ist eine Aufgabe, die alle Kräfte des Kindes beansprucht: täglich, stündlich treten neue Gesichter vor sein Auge, müssen neue Dinge erlernt und erforscht werden. Dabei kann das, was an dem einen Tag an neuem Wissen hinzukam und präsent war, am nächsten Tag schon wieder vergessen sein. Jeder Tag bringt neue große Veränderungen mit sich, an einem Tag ißt das Kind viel, am nächsten will es nicht viel zu sich nehmen, weil es müde ist.
„4Ein Kleinkind, das sein Anfangsgewicht im Laufe eines Jahres verdreifacht, hat das Recht, sich auszuruhen. Seine blitzartige seelische Entwicklung berechtigt es gleichfalls dazu, das ein oder andere von dem zu vergessen, was es bereits kennengelernt hat und was wir vorschnell als eine Errungenschaft von Dauer angesehen haben“ (Korczak, J., 1998, S.70) Dies sollten wir als Erwachsene bedenken. Nachdem die Welt und das, was um das Kind herum geschieht langsam bekannter werden, nachdem vieles unter Anstrengung erlernt worden ist und das Kind sich ein wenig vertrauter in der Welt bewegen kann, beginnt es, zwischen sich und anderen zu unterscheiden, vergleicht sich mit anderen, erlangt ein Gefühl davon, was „Ich“ bedeutet (vgl. Korczak, J., 1998, S.52 ff.). Eine Stärkung dieses Gefühls wird durch das Wort „mein“ erlebt: Das Kind will die Grenze zwischen sich und anderen spüren, glaubt, durch Besitz bekommt sein Ich mehr Bedeutung, mehr Wert. Zur Erforschung der Welt gehört also auch die Erforschung des eigenen Selbst in der Welt und die Frage: Wo bin ich in dieser Welt? Wo befinde ich mich? (vgl. Korczak, J., 1998, S.53)
Die Dinge werden vor allem durch die Reaktionen der Erwachsenen, der Eltern definiert. Unermüdlich fragt das Kind nach den Dingen, wie sie beschaffen sind, was sie nützen.
“3Ein Kind gibt sich nur schwer mit einer Auskunft zufrieden, für die es keine praktischen Anwendungsmöglichkeiten gibt“ (Korczak, J.,1998, S.108).
Alles muss erprobt und ausprobiert werden. Hierbei ist der Erwachsene dem Kind eine bedeutende Hilfe.

1.2. Die Situation des Heranwachsenden
Während der Kindheit lebt das Kind in einem zumindest nach außen hin geschützten Raum. Die wichtigsten Bezugspersonen sind die Eltern, mit ihnen wächst das Kind auf, sie sind unmittelbar an seiner Entwicklung beteiligt. Wenn das Kind mit unbekannten Situationen konfrontiert wird, kann es die Eltern um Rat und Hilfe bitten und erfährt sie als seine „Verteidiger“. Alles Schlechte auf der Welt wird möglichst noch von dem Kind ferngehalten, es soll, aus der Sicht der Erwachsenen, eine möglichst reine, unbefleckte Kindheit genießen können. Doch es kommt der Zeitpunkt, an dem das Kind mit dem von ihm ferngehaltenen Teil der Realität konfrontiert wird. Es ahnt, dass es neben den schönen Dingen der Welt auch schlechte gibt, die bis dahin vor ihm versteckt wurden ( vgl. Korczak, J., 1998, S.124 ff. ).
Das Kind bemerkt vielleicht zum ersten Mal, was es von den Erwachsenen trennt und dass eine Zeit bevorsteht, in der es auf sich allein gestellt sein wird. Es wird sich einmal selbst verteidigen müssen gegen Bedrohliches, wird nicht mehr lange scheinbar geschützt sein. Auch dieser Übergang von der Kindheit zur Jugendzeit ist für das Kind keine einfache Aufgabe. Kind und Eltern spüren die bevorstehende Veränderung .
Die Jugendjahre und die zu Ende gehende Kindheit sind von bedeutenden körperlichen und seelischen Veränderungen begleitet. Der Entdeckung der eigenen Sexualität steht der Jugendliche zumeist erst hilflos und ratlos gegenüber. Wieder kommt etwas Unbekanntes auf ihn zu. Zu den rasanten körperlichen Entwicklungen kommt der Beginn des Entdeckens der eigenen Persönlichkeit, die nun nicht mehr vorrangig im Vergleich zu den Eltern oder anderen Erwachsenen steht, sondern auf sich gestellt ist .
Diese erste so erlebte Selbstständigkeit wünscht der Jugendliche zu verteidigen, vor allem gegen die Eltern. Er sehnt sich nach Freiheit, möchte alles was ihm in der Erziehung nahegebracht wurde abschütteln, will nicht mehr zurück denken an die Kindheit, sehnt sich aber gleichzeitig zurück in jene Zeit, fühlt sich verunsichert durch die Verantwortung, die er nun allein für sein Handeln trägt. Diese Probleme sind bezeichnend für die Jugendjahre, “...das Alter der großen „Unausgeglichenheit“...“ (Korczak, J., 1998, S.135)
Die Rebellion gegen die Eltern ist der Wunsch nach Unabhängigkeit, denn der Jugendliche spürt, dass er dennoch abhängig ist. Am liebsten gäbe es die Eltern nicht mehr, dann könnte man endlich machen, was man will...Aber was will man denn? Der Blick in die Zukunft erweist sich als ebenso schmerzhaft wie der Blick zurück in die Kindheit: „Der liebe Gott der Kindheit wird später zum schuldbeladenen Gott, zum Urquell allen Unglücks und aller Laster“ (Korczak, J., 1998, S.145) Alles soll anders gemacht werden als die Eltern es taten, aber wie will man es anders machen?
Der Jugendliche hat Wünsche, Träume, aber noch hat er Angst davor, sie in die Wirklichkeit umzusetzen. Der Eintritt in die Gesellschaft, spätestens bei Erreichen der Volljährigkeit offensichtlich, bringt neue Anforderungen mit sich, und die eigenen Wünsche und Träume müssen sich wieder in ein vorgegebenes Raster einfügen “...schon gibt es neue Fesseln, o weh!“ (Korczak, J., 1998, S.148). Dieser Prozess, sich selbst, die eigene Persönlichkeit mit ihren Wünschen und Träumen, ihren Idealen trotz der gesellschaftlichen Erwartungen zu bewahren und sie individuell in diesem vorgegebenen Rahmen zu entfalten, gestaltet sich als langwierig und schmerzhaft.
Die Eltern sind von diesen inneren Konflikten des Jugendlichen häufig ebenso überwältigt wie dieser selbst, da es auch für sie ein schmerzvoller Prozeß ist das Kind dem Leben zu „überlassen“: „Der Schmerz des Kindes trifft empfindlich auf die Schmerzen der Eltern; das Leid der Eltern überfällt die Qual des Kindes ohne Bedenken.“ (Korczak, J., 1998, S.140)

1.3. Das Kind und der Erwachsene: Gefühle, Erwartungen, Wünsche
Wann beginnt die Beziehung zwischen den Eltern und ihrem Kind? Sobald den Eltern sicher ist, dass sie ein Kind erwarten. Sobald die Mutter das Kind in ihrem Körper trägt setzen sich die werdenden Eltern mit dem Gedanken auseinander, dass bald ein Kind ihr Leben teilt.
Die Schwangerschaft bietet einen ausreichenden Zeitraum, sich gedanklich und emotional auf ein Kind vorzubereiten. „Du sagst: „Mein Kind“. Wann hast du das größte Recht darauf, wenn nicht in der Zeit der Schwangerschaft? Der Schlag des wie ein Pfirsichkern so kleinen Herzens ist das Echo deines Pulsschlages“ (Korczak, J., 1998, S.2).
Die Mutter und das Kind bilden eine Einheit, neun Monate lang sind sie so eng miteinander verbunden wie sie es später nie wieder sein werden. Alle Gedanken und Wünsche in Bezug auf das Kind sind in die Zukunft gerichtet: Was wird wohl sein, wenn der Tag der Geburt endlich da ist? Wird es wohl gesund sein, das Kind? Welchen Namen soll es tragen? Schon das Verhalten des Kindes im Mutterleib beschäftigt die Eltern: Weshalb bewegt es sich so viel? Trotz der von der Mutter häufig so empfundenen Einheit und „Zweisamkeit“ weiss sie doch eigentlich gar nichts über ihr Kind, erwartet freudig den Tag der Geburt, an dem sie es in den Händen halten und betrachten kann.
Die Geburt ist ein für die Mutter und das Kind schmerzhafter Vorgang, der die Mutter all ihre Kraft kostet. Das Kind nach langem Hoffen und Warten nun endlich bei sich zu haben ist ein völlig anderer Zustand als der vor der Geburt. Nun steht alles fest: Das Kind ist gesund oder es ist nicht gesund. Es ist ein Mädchen oder es ist ein Junge. Es hat braunes oder blondes Haar. Unmittelbar nach der Geburt ist die Mutter noch entlastet, meist wird das Kind von Pflegekräften gefüttert und gewogen und die Mutter wird angeleitet wie sie diese Aufgaben zukünftig alleine zu übernehmen hat.
Sobald die Eltern mit dem Kind allein sind, fordert dieses auch seine Rechte ein, richtet sich nicht nach den Vorstellungen der Eltern, schreit, wenn es Hunger oder Schmerzen hat. Die Eltern verstehen diese Sprache des Kindes nicht immer, sind überfordert. Ihr Leben hat sich völlig verändert, alles hat unmittelbar mit dem Kind zu tun. Ängste und Sorgen können aufkommen: Schreit das Kind wohl, weil es krank ist? Wo tut es ihm weh? Experten werden hinzugezogen: der Arzt soll helfen. Doch vielleicht findet er nichts, und das Kind hat nur Hunger. Das beruhigt die Mutter.
Andere Fragen beschäftigen die Eltern: „Ist es gescheit? Wenn die Mutter zunächst nur ängstlich diese Frage stellt, bald wird sie verlangen, daß es so sei“ (Korczak, J., 1998, S.10).
Eltern müssen feststellen, dass die Realität vielleicht anders aussieht als das Bild, das sie sich von ihrem Kind gemacht haben. Das Kind soll ruhig und leicht zu beruhigen sein, aber vielleicht schreit es die ganze Nacht und lässt sich von niemandem beruhigen.
Die Eltern müssen lernen, sich zunächst nach den Wünschen und Bedürfnissen des Kindes zu richten.
Die Bedürfnisse und Wünsche der Eltern sind: Dem Kind ein Vorbild zu sein, für das Kind da zu sein, es belehren und lehren zu können und es zu beschützen. Sie versuchen möglichst alle Bedürfnisse des Kindes zu erfüllen, müssen manche Bedürfnisse erraten, sind immer bemüht, es dem Kind recht zu machen. Das Kind zu beschützen heißt vor allem, es vor Gefahren zu bewahren, es von manchen Bereichen des Lebens fernzuhalten. Das Kind soll lernen, dass es nicht alleine über die Straße gehen darf oder warum es nicht in eine Steckdose fassen soll.
Der Wunsch der Eltern ist es, dem Kind durch die Erziehung bestimmte gesellschaftliche und soziale Regeln und Verhaltensweisen nahezulegen. Dabei möchten sie selbst das Vorbild sein und das Kind richtet sich auch meist nach dem, was ihm da nahegelegt wird. Die Eltern sind seine unmittelbaren Bezugspersonen in den frühen Lebensjahren.
Später kommen andere Bezugspersonen hinzu. In der heutigen Zeit sind es die Kindergärtnerinnen in den Kindergärten, andere Erwachsene, die auch zur Erziehung des Kindes beitragen. Doch solange das Kind noch alleine im Kreis der Eltern und der Familie lebt, nehmen die Eltern an jedem Ereignis seines Lebens, an jedem Schritt in seiner Entwicklung teil. Gemeinsam durchleben sie auch schwierige Zeiten, empfinden das Kind auch als Anstrengung. Das Kind aber nimmt darauf keine Rücksicht, es fordert seine Rechte ein. Es nimmt keine Rücksicht in seinem Drang und Wunsch, die Welt kennenzulernen und stößt auf einen Widerstand beim Erwachsenen: „Der Vater schreibt; das Kind stürzt mit einer Neuigkeit herein und fasst ihn beim Ärmel. Es kann ja nicht ahnen, daß ein Tintenklecks auf einem wichtigen Dokument entsteht. Hart gescholten, schaut es voller Verwunderung drein: was ist denn nun passiert?“ (Korczak, J., 1998, S.100)
So treffen die Wünsche des Kindes auf die Bedürfnisse der Eltern und manche Situation eskaliert, obwohl die Eltern sich doch immer vorgenommen hatten unbegrenzt Geduld und Zeit für das Kind aufzubringen. So müssen Eltern und Kind sich einigen schwierigen Situationen stellen.
Der Erwachsene und das Kind befinden sich in einer vollkommen unterschiedlichen Lage und Position: das Kind benötigt den Erwachsenen zur Unterstützung und Hilfe, der Erwachsene fühlt sich manchmal durch diese Aufgabe überfordert. Ihm fehlt das Einfühlungsvermögen in die Situation des Kindes: „Das Kind will ernst genommen werden, es verlangt Vertrauen, erwartet Weisungen und Ratschläge“ (Korczak, J., 1998, S.127).
Eigene Interessen und Vorstellungen müssen mit denen des Kindes vereinbar sein. Beide, Kind und Erwachsener, müssen sich mit dieser Situation abfinden. Sie leben zwar miteinander und das Kind benötigt die Anwesenheit und Hilfe des Erwachsenen, aber dennoch müssen sie die Unterschiede und die Entfernung, die dennoch zwischen ihnen liegt, akzeptieren lernen. Dies wird im Jugendalter und kommenden Ende dieser so engen Beziehung zwischen Eltern und Kind besonders deutlich: nun hat das Kind eigene Vorstellungen und Ziele im Leben, die es alleine und ohne Unterstützung der Eltern verwirklichen möchte. In dieser Zeit können die Vorstellungen der Eltern und die des Kindes so verschieden sein wie nie zuvor.
Das Kind, das erwachsen wird, ist nicht mehr von der Erklärung und der Meinung der Eltern abhängig und diese Veränderung kommt für die Eltern meist überraschend und gestaltet sich als langwieriger Prozess. Die Eltern müssen das Kind in die Zukunft entlassen, sie fragen sich, ob sie ihm alles Nötige für diesen Weg mitgegeben haben, sie zweifeln an ihrer Erziehung, haben Sorgen und Zukunftsängste. Die häufig gestellte Frage: „Haben wir auch alles richtig gemacht?“ beschäftigt die Eltern. Die Kindheit ging so schnell vorüber, nun kann das Kind reflektieren, Kritik üben, eine Sache anders gestalten wollen als sie. Seine Selbständigkeit und Freiheit, seine Jugendlichkeit verweist die Eltern auf sich selbst, auf das Alter. Es erinnert auch an die eigenen Jugendjahre und ruft Erinnerungen hervor.
Wenn das Kind das Haus der Eltern verlässt und die Geschwister es vielleicht schon getan haben oder bald tun, sind die Eltern nicht mehr vorrangig Eltern, sondern wieder ein Paar.
Sie können die Aufgabe der Kindererziehung hinter sich lassen und sich auf eine neue vielleicht vergessene Lebenssituation einstellen.

2. Korczaks Überlegungen
2.1. Plädoyer für eine neue Sicht des Kindes
Korczak zeigt uns vor allem jenen Aspekt der Kindheit und des Kindseins, den wir Erwachsene häufig vergessen: er sieht das Kind als ein Geschöpf, das uns und unserer Welt, der Welt der Erwachsenen und wie wir sie für das Kind gestalten, vollkommen ausgeliefert ist. Es liegt in der Hand des Erwachsenen, dem Kind das Leben und Aufwachsen in dieser Welt möglichst angenehm und einfach zu gestalten. Das Kind soll von uns lernen, natürlich benötigt es unsere Hilfe tatsächlich, aber wir nutzen diese Situation, ob bewußt oder unbewußt, aus. Was unterscheidet das Kind von einem Erwachsenen? Ist es dümmer als wir? Ist es nicht nur die fehlende Erfahrung mit dem Leben?
„4Das vermag man nicht zu erkennen, wenn man sich einem Kinde mit dem Anspruch nähert: „Ich werde aus dir einen Menschen machen“, anstatt die forschende Frage zu stellen: „Was könnte wohl aus dir werden, Mensch?“ (Korczak, J., 1998, S.64)
Unser Umgang mit dem Kind ist vor allem durch die Vorstellung geprägt, das Kind sei nicht etwas, sondern es werde erst etwas. Dadurch entsteht der Gedanke, dass das, was groß und erwachsen ist, erst einen Wert erlangt. Erwachsene sehen das Kind nicht als gleichwertig, sondern als minderwertig. Sie reden anders mit Kindern als untereinander, nehmen einen belehrenden Tonfall an, wenn das Kind eine Frage stellt. Der Umgang des Erwachsenen mit dem Kind ist bestimmt durch eigene Vorstellungen, wie das Kind zu sein hat, was es tun oder lassen soll. Das Bild, das wir vom Kind haben, hat nach Korczak nichts mit dem zu tun wie das Kind wirklich ist. Schon während der Schwangerschaft haben Eltern eine Vorstellung von ihrem Kind, wie es sein soll, wie es aussehen soll, wann es laufen lernen soll, usw.
Hat diese Vorstellung etwas mit dem Individuum zu tun, das da in ihr Leben treten wird?
Nach der Geburt des Kindes geht es so weiter: „Es schläft nicht, wann wir wollen, es ißt nicht so, wie wir es für richtig halten; wir hatten uns eingebildet, es werde fröhlich lachen, aber nun ist es verschüchtert und weint. Und so anfällig ist es: das kleinste Versehen genügt, schon wird es krank und es gibt neue Schwierigkeiten“ (Korczak, J., 1973, S.16).
Das Kind wird ständig in seinen Taten und Wünschen durch uns eingeschränkt: Dies soll es lassen und jenes nicht tun. Ein Kind wird ständig bewacht und beaufsichtigt, jeder Schritt wird kontrolliert. Dadurch nehmen wir ihm die Lust am Leben, die Lust am Kindsein, am Ausprobieren. Wir nehmen ihm viele Erfahrungen, die es selber hätte machen können, weil wir meinen, wir wüssten es besser.
Diese ständige Unterstützung bei jedem Schritt nimmt der Erwachsene nicht als selbstverständlich, sondern das Kind soll auch noch merken, wie er sich aufopfert, sein Leben einschränkt für dessen Wohlergehen. Wer Kindern etwas gibt, ihnen hilft, für sie da ist, hat er nicht immer unbewußt den Wunsch, die Erwartung, etwas zurückzubekommen? Wenn man sich schon soviel Mühe gibt, soll das Kind wenigstens die Mühe belohnen, indem es unseren Anweisungen folgt. Aber Kinder haben eigene Vorstellungen. Und dann heißt es: „Uneinsichtiges Kind, das vom Leben nichts weiß, armes Kind, undankbares Kind! (...) Undankbares: Ist denn die Erde der Sonne dankbar, daß sie scheint?“ (Korczak, J., 1998, S.6)
Kinder machen uns das Leben nicht so einfach, wie wir es von ihnen verlangen. Durch übertriebene Fürsorge und Aufmerksamkeit wird das Kind eingeschüchtert, wird vielleicht passiv und zurückhaltend, bekommt Angst vor dem Leben, weil ihm Angst gemacht wird.
Es lernt, dass es keine Rechte hat, dass alles durch den Erwachsenen bestimmt ist. Korczak geht sogar soweit, die Rechte des Kindes schlechter als die eines Bettlers zu sehen:
„4Ein Bettler verfügt immerhin frei über sein Almosen, ein Kind jedoch hat gar kein Eigentum, es muß über jeden Gegenstand Rechenschaft ablegen, den es zum Gebrauch erhalten hat“ (Korczak, J., 1973, S.10). Korczaks Forderung vom „Recht des Kindes auf seinen Tod“ (Korczak, J., 1998, S.40) ist also nur eine Forderung nach Leben. Indem wir dem Kind hinterherlaufen und es vor jeglicher Gefahr beschützen wollen, nehmen wir ihm das Recht auf ein eigenes Leben und eben auch das Recht auf den Tod.
Wir nehmen dem Kind jegliche Rechte, die ein Mensch zum Leben braucht. Korczak verteidigt die Rechte der Kinder an jeder beliebigen Stelle in seinen Schriften, weil er es für notwendig hält, ihnen die gleichen Rechte zuzusprechen wie uns Erwachsenen auch. Er zeigt, dass wir das Kind weder auf einen Sockel stellen, anbeten und für ein besseres Wesen als uns selbst halten sollten, noch sollten wir es unterdrücken und für klein und dumm halten. Korczaks einzige und ständige Forderung ist die, das Kind einfach als gleichwertig, als fertigen Menschen zu betrachten und es so sein zu lassen wie es gern sein möchte, nicht so, wie wir meinen wie es sein möchte.
Welche Folgen die Einschränkung hat, die Kinder durch den Erwachsenen erfahren, zeigt uns Korczak auf: Der Erwachsene, so muss das Kind meinen, ist der perfekte Mensch. Er macht keine Fehler und wenn er sie macht, werden sie vor dem Kind verborgen, er weiß soviel mehr und kann für sich selbst entscheiden, was richtig und falsch und gut für ihn ist. Kindern ist es nicht erlaubt, das Verhalten eines Erwachsenen zu beurteilen oder gar zu kritisieren. Kinder kommen gar nicht erst auf diesen Gedanken, weil ihre Meinung ja die eines Kindes ist, das noch nicht genug weiß. Somit wird der Erwachsene zum falschen Vorbild. Im Kind muß ja unter diesen Umständen zwangsläufig der Wunsch entstehen, endlich erwachsen zu sein, fähig, alleine Entscheidungen zu treffen, klug zu sein. Das Kind träumt von der Zukunft und von dem, was sein wird, wenn es einmal groß ist statt sein Kindsein zu genießen.
Ein Kind lebt von seinen Träumen: „Der Traum ist das Programm des kindlichen Lebens“ (Korczak, J., 1998, S.142). Der Traum als Flucht aus dem Alltag des Kindes, als Wunschvorstellung von dem, was sein soll, aber nicht ist.
Auch ahnt das Kind, dass das Leben nicht nur aus Gutem, sondern auch aus Schlechtem besteht. Es ahnt, dass auch der Erwachsene nicht nur gut sein kann. Meistens wird dem Kind nur der helle, unbefleckte Teil des Lebens und menschlichen Seins vermittelt und dies ist nur ein Teil des Ganzen. Irgendwann kommt die Zeit, wenn das Kind erkennt, dass die Eltern ihm etwas verschwiegen haben, dass es noch andere unbekannte Seiten des Lebens gibt, die es nicht sehen durfte (vgl. Korczak, J., 1998, S.121). In ihrem Bestreben, dem Kind die Kindheit leicht und unbeschwert zu gestalten, enthalten Eltern oft ihren Kindern einen Teil der „Wahrheit“ vor und rufen damit Schuldgefühle oder Ängste beim Kind hervor, sobald es diesen, ihm vorenthaltenen, verbotenen Teil des Lebens entdeckt. Fälschlicherweise gehen Erwachsene oft davon aus, das Kind wisse noch nicht alles, also erkenne es bestimmte Vorgänge im Leben auch nicht.
In seinem Streben nach Erwachsenensein, nach Freiheit, kommt das Kind einmal wirklich zu dem Punkt, wo der Übergang von der Kindheit zum Erwachsenenalter sich vollzieht.
Von Eltern gefürchtet und nach Korczaks Meinung häufig überbewertet, gestaltet sich diese Lebensphase als erneute Enttäuschung für das Kind: Die Eltern treten nicht als Helfer auf, sondern leiden selbst an der aufkommenden Veränderung. Die Bereiche des Lebens, die bisher verschwiegen und mißachtet wurden, können nun nicht mehr ignoriert werden. Ratlos stehen die Eltern dem Problem gegenüber. Das Kind steht vor einer ungewissen Zukunft, fühlt sich mehr allein gelassen als je zuvor.
Das Entdecken der eigenen Sexualität wird als unbekannte Bedrohung empfunden, weil auch dieser Bereich im Leben des Kindes bisher noch nicht vorkam (vgl. Korczak, J., 1998, S.133). Korczak ist hier in seinen Ansichten über die Auswirkungen der Ausgrenzung der frühkindlichen Sexualität als einen Bereich des Lebens der Pädagogik seiner Zeit weit voraus. Er nimmt Bezug auf Freud und bezeichnet den Sexualtrieb als einen Trieb, „(...) der so eng mit dem Leben verbunden ist wie das Wachstum selbst“ ( Korczak, J., 1998, S.133).
Die Hilfe und Unterstützung, die das Kind in dieser Phase wirklich benötigen würde, wird ihm oft verwehrt. Wären die Eltern auf diese Situation vorbereitet, könnten sie ihrem Kind in einer beruhigenden Art zur Seite stehen.
Die am häufigsten zu beobachtende Reaktion des heranwachsenden Kindes auf die Eltern, die Rebellion, ist nach Korczak nur die Rache für das, was dem Kind angetan wurde, in dem man es die gesamte Kindheit über unterdrückt hat (vgl. Korczak, J., 1998, S.138).
Die Schwierigkeiten im Umgang des Erwachsenen mit dem Kind in dieser Lebensphase begründet sich wieder im Egozentrismus des Erwachsenen: Die Ideale, die das eigene Kind nun anstrebt, hat man selbst vielleicht nicht erreicht. Zunächst scheint sich die ablehnende Reaktion des Erwachsenen auf Unverständnis zu begründen, doch wen man genau hinschaut, dann ist es vielleicht die Enttäuschung darüber, selbst nicht mehr jung zu sein. „Was habe ich vom Leben?“ sagt das Kind. „Und was habe ich schon davon gehabt?“ fragt die Mutter“ (Korczak, J., 1998, S.139).
Nach Korczak sind die Verhaltensweisen, die Jugendliche unter sich oder im Umgang mit Erwachsenen an den Tag legen nur ein Zeichen weiterer Verzweiflung: wenn Jugendliche unter sich sind und auffälliges Verhalten zeigen, wenn sie gemeinsam laut lachen und über Erwachsene spotten, ist dies nur die Illusion, sich für einen kurzen Augenblick von den Ketten zu befreien, die ihnen durch Erziehung und Elternhaus angelegt worden sind.
Was zunächst nach übertriebener Heiterkeit aussieht, ist auf den zweiten Blick reine Verzweiflung über die eigene Situation: gerade im Kampf gegen die elterlichen Fesseln und schon kommen die Fesseln des wirklichen Lebens, der Gesellschaft, auf sie zu.
Sobald ein Erwachsener diese scheinbar ausgelassene Szene betritt ebbt die Heiterkeit ab, da das Auftreten eines Erwachsenen die Konfrontation mit der Wirklichkeit bedeutet (vgl. Korczak, J., 1998, S.149).
Die Ideale, die Jugend sich schafft, werden von den Erwachsenen zerstört. Sie lachen über die Naivität des Jugendlichen und über dessen Idealismus; wieder wollen die Erwachsenen beweisen, dass sie mehr Lebenserfahrung und auch mehr Klugheit besitzen. Die vergessenen Ideale und Ziele aus der eigenen Jugend werden einfach verdrängt. Eigene Erfahrungen werden auf das Kind übertragen: „ Wir kennen den Weg zum Glück, wir geben Hinweise und Ratschlage“ (Korczak, J., 1973, S.10). „Wir wissen, was Kindern schadet, wir erinnern uns, was uns geschadet hat. Dies soll ihm erspart bleiben“ (Korczak, J., 1973, S.14).

2.2. Forderungen an den Erwachsenen
Erwachsene gehen leichtfertig mit Kindern um: Kinder sind klein und rührend unerfahren. Diese Einstellung macht den Umgang leicht. Hier ein Ratschlag, da ein Verweis und dahinter die Botschaft: Glaub mir, ich weiß es viel besser.
Mit Kindern spricht der Erwachsene anders als mit Anderen. Manche Themen werden ganz vor Kindern geheimgehalten; betreten Kinder einen Raum, in dem Erwachsene über etwas reden, wird es oft schlagartig still. Wenn das Kind nachfragt, worüber gesprochen wurde, wird es selten die Wahrheit erfahren, wenn es um Themen ging, die nicht für Kinder bestimmt sind. Diese Situation setzt voraus, daß der Erwachsene annimmt, das Kind sei zu dumm, zu unerfahren, als dass es die Lüge bemerken würde. Dies nur als Beispiel dafür, wie wir uns Kindern gegenüber verhalten, vielleicht ohne bewußt wahrzunehmen, dass es auch anders gehen könnte.
Erwachsene müssen jenes Gefühl der Überlegenheit gegenüber dem Kind ablegen und sich wie Korczak mit dem Kind genau auf eine Stufe stellen. Sie sollten einmal versuchen, die Situation des heranwachsenden Kindes wirklich zu verstehen und sich in seine Lage zu versetzen: „Wir sollten Achtung haben vor den Geheimnissen und Schwankungen der schweren Arbeit des Wachsens!“(Korczak, J., 1973, S.28)
Erwachsene sollten einmal ihr Verhalten im Umgang mit Kindern überdenken: warum müssen sie immer belehrend auftreten? Es geht darum, dem Kind natürlicher zu begegnen. Das Kind unterscheidet sich nicht viel von einem Erwachsenen, warum müssen wir dann immer unsere Autorität und Macht beweisen?
Weil es der einfachere Weg ist. Aber wenn wir uns wirklich auf Kinder einlassen wollen, müssen wir uns auch von ihnen lenken lassen. Wir müssen von unserem Sockel heruntersteigen, um Kinder zu verstehen. Wir müssen flexibel sein, nicht verbissen irgendein Konzept verfolgen wollen. Jede pädagogische Situation ist anders; Korczak lehrt uns loszulassen und mit dem Kind zu gehen. Selbst wenn wir meinen, vieles besser zu wissen,
wir können doch auch mit unserem Wissen einmal zurückhalten.
„4Wir sollten nicht treten, nicht vernachlässigen, nicht das Morgen fesseln, es nicht auslöschen, nicht eilen, nicht hetzen. Wir sollten jeden einzelnen Augenblick achten, denn er stirbt und wiederholt sich nicht, und immer sollten wir ihn ernst nehmen; wird er verletzt, so bleibt eine offene Wunde zurück, wird er getötet, so erschreckt er uns als Gespenst böser Erinnerungen“ (Korczak, J., 1973, S.28).
Wir können uns erst von den Kindern die Welt zeigen lassen, wenn wir den Wunsch haben, ihre Welt zu begreifen.

2.3. Besonderheiten der Darstellungen Korczaks
Wer sich mit Janusz Korczaks Buch „Wie man ein Kind lieben soll“ beschäftigt, wird schnell einige grundlegende Unterschiede zu anderen pädagogischen Theoretikern feststellen.
Es wäre falsch, Korczaks pädagogische Überlegungen als Theorien zu bezeichnen, denn dann hat man den Sinn seiner Ausführungen verfehlt. Korczak selbst schreibt am Ende des Abschnitts „Das Kind in der Familie“, dass er vieles, was er in seinem Buch aufgeschrieben hat, bereits kurze Zeit später wieder verworfen hat. Wer sein Buch als „lebensfähiges Geschöpf“ (Korczak, J., 1998, S.149) bezeichnet, kann wohl kaum gewollt haben, dass man daraus trockene Theorien ableitet, an denen nicht zu rütteln ist.
Ein „lebensfähiges Geschöpf“ ist lebendig, immer in Bewegung, etwas was sich immer verändert.
Zu Beginn des Buches stehen Fragen, die offen sind, die es zu lösen gilt oder nicht zu lösen gilt. Korczak antwortet: „Ich weiß nicht“ (Korczak, J., 1998, S.1). Ein Pädagoge, der zugibt, dass er nicht immer eine Antwort auf alle Fragen hat, das hat man selten erlebt.
Sollte ein guter Pädagoge immer alle Antworten kennen? Nein. Eigentlich kennt er keine. Er ahnt nur, er kann nur immer zu verstehen versuchen, immer wieder an anderer Stelle ansetzen, altes Wissen verwerfen und neu beginnen.
Korczak will zum Nachdenken anregen, den Leser zum eigenen Denken auffordern.
Sein Wunsch ist es nicht, dass seine Gedanken von jedem Menschen übernommen werden,
sondern das Wichtigste scheint Korczak zu sein, dass man sich wirklich mit ihm auseinandersetzt. Wer jedes seiner Worte auf die Goldwaage legt und daraus eine Theorie ableiten will, der hat Korczak mißverstanden.
Oft genug stellt der Leser seiner Schriften fest, dass Korczak an manchen Stellen zu Übertreibungen und Überspitzungen neigt. Wer an diesen Überspitzungen festhält und dadurch vielleicht versucht einen fehlenden Sinn für Realität zu begründen, liegt falsch.
Hier sei ein Beispiel genannt: bei seinen Überlegungen wie man Kindern das Spielen im eigenen Zimmer schöner gestalten könnte, macht Korczak den Vorschlag statt eines Linoleumbodens einfach eine Fuhre gelben Sandes darin zu verteilen und ein Bündel von Stöcken und eine Schubkarre Steine hinzu zugeben (vgl. Korczak, J., 1998, S.90).
Wenn man dies nun realistisch betrachtet, wird man natürlich feststellen, dass es so gut wie unmöglich ist statt eines Fußbodens Berge von Sand in einem Kinderzimmer zu haben.
Korczak benutzt diese gezielten Übertreibungen, um Mißstände aufzuzeigen: Er kritisiert das Verhalten mancher Eltern, die das Zimmer ihres Kindes zu einem sterilen Ort machen und damit dem Kind die Möglichkeit nehmen sich frei zu entfalten.
Korczak regt dazu an, sich eigene Gedanken zu machen und die eigene Meinung zu vertreten, auch wenn andere sie nicht teilen sollten, denn „(...) der lebendige Gedanke arbeitet, aber die Vorschrift befiehlt“ (Korczak, J., 1998, S.20).
Im letzten Abschnitt des ersten Teils, „Das Kind in der Familie“, stellt Korczak noch einmal klar, dass sein Buch kein fertiges Rezept ist, mit dem man nun auf Kinder zugehen sollte.
Es ist eine Anregung, ein Appell, anders zu denken als gewöhnlich, eine Sammlung von Gedanken, aus der sich jeder die heraussuchen kann, die er für passend hält.
In jeder pädagogischen Situation kann ein anderer Gedanke passend sein, in mancher Situation vielleicht gar keiner. Dies kann jeder für sich selbst entscheiden. Korczak empfiehlt: „Sei wachsam in kluger Einsamkeit“ (Korczak, J., 1998, S.150)...

3. Kurze Reflexion eigener praktischer Erfahrung im Umgang mit Kindern und Lösungsversuch
Zum Ende dieser Arbeit möchte ich nun kurz etwas aus meiner eigenen pädagogischen Erfahrung mit Kindern hinzufügen. Bei einem halbjährigen Praktikum in einer heilpädagogischen Kindertagesstätte hatte ich mit Kindern im Alter von drei bis sechs Jahren zu tun, die aus verschiedensten Gründen in ihrer Entwicklung gestört waren, nicht in eine normale Vorschuleinrichtung passten und besonderer Betreuung bedurften.
Hier konnte ich feststellen, wie schwer es sein kann einen eigenen Weg im Umgang mit Kindern zu finden, ohne einfach nur als „Erzieher“ auftreten zu wollen.
Sicherlich benötigten diese Kinder eine gewisse Anleitung und Hilfe in allen möglichen Situationen. Hätte man nun einfach immer nur zugeschaut und die Kinder alles selbst gestalten lassen, wäre in kürzester Zeit ein riesiges Chaos entstanden. Aber ich merkte schnell, dass man als Erwachsener, ob bei besonders Hilfe bedürftigen oder normal entwickelten Kinder, schnell in einen gewissen belehrenden Tonfall fällt und den Kindern unterstellt, dass sie in fast keiner Situation alleine zu Recht kommen. Jede Situation aber gestaltete sich anders und schnell bekam ich auch von den Kindern zu spüren, dass es sie störte, dass man ihnen so wenig zutraut.
Am ersten Tag tappte ich zwar direkt in einige Fallen, weil ich noch unerfahren war und keines der Kinder genau kannte, aber mein Blick war noch ungetrübt und ich ging freier und ungezwungener mit den Kindern um. Die pädagogischen Kräfte, die dort seit mehreren Jahren arbeiteten, so stellte ich fest, hatten bereits von jedem Kind ihr eigenes Bild und pädagogisches Konzept, wie mit ihm umzugehen sei. Ich hätte mir gewünscht, dass nicht schon alles so festgelegt gewesen wäre, sondern dass man sieht, dass jedes Kind jeden Tag, jede Minute anders sein kann. Es wäre sicherlich auch für die Kinder besser gewesen, sie nicht in ein bestimmtes Muster zu pressen, sondern flexibler zu sein.
Ich löste diese Situation so für mich: Ich versuchte mich mehr auf die Kinder einzulassen, mich auch einmal von ihnen führen zu lassen und nicht immer direkt mit einer Ermahnung in jede Begegnung zu gehen. Ich versuchte, die Ereignisse vom Vortag hinter mir zu lassen und mich auf das einzulassen, was an dem jeweiligen Tag passierte. Wenn es nötig war, irgendwo einzugreifen, dann tat ich es auch. Natürlich passierte es dabei auch, dass ich manche Situationen nicht richtig einschätzte und eine mögliche Gefahr übersah. Oder es gab Kinder, die nicht akzeptieren konnten, dass ich in einer Situation mit ihnen spielte, im nächsten Moment eingreifen musste.
Ich versuchte also, mich mehr auf Kinder einzulassen und lernte dabei, dass es alles andere als einfach ist. Aber obwohl ich viele schwierige Situationen kennenlernte und manchmal vielleicht falsch handelte, denke ich, dass es dennoch angenehmer für die Kinder war, die Fehler der Erwachsenen leichter verzeihen, wenn sie merken, dass ein Erwachsener authentisch auftritt und nicht verbissen und festgefahren.
Ich denke, dass es auch Korczak nicht darum ging, unbedingt jeden Fehler im Umgang mit Kindern zu vermeiden. Das ist unmöglich. Sobald man sich auf Kinder einlässt, muß man auch wissen, daß man Fehler machen wird. Das wichtigste ist, dass man authentisch ist, dass man nicht mit einer vorgefertigten Meinung und einem vorgefertigten Bild auf Kinder zugeht, sondern dass man offen ist, für alles was kommt.
Theorien können pädagogische Situationen zerstören. Sie geben dem Kind, dem Individuum keine Möglichkeit zu zeigen, dass es nicht in eine bestimmte Kategorie passt, die wir in unserem Kopf haben. Jedes Kind und jede Begegnung mit einem Kind ist anders. Diese Erkenntnis sind wir den Kindern schuldig. Das ist das, was Korczak uns lehrt, heute und immer wieder: Zuviel Forschung und Theorie in Bezug auf das Kind kann uns die Freude am Umgang mit Kindern nehmen. Bei all der Theorie sehen wir manchmal die Realität nicht mehr.
Wir Erwachsene sollten mehr den Wunsch haben, uns auf Kinder einzulassen, indem wir uns von ihnen den Weg zeigen lassen. Irgendwann ist sonst die Kluft zwischen uns und dem Kind, zwischen unseren pädagogischen Theorien und der Realität, so wie sie Kinder sehen, so groß, dass der Umgang mit dem Kind unmöglich wird.
Wir müssen heruntersteigen von unserem Sockel. Wir müssen wieder ganz von vorne beginnen und lernen zu sagen: „Ich weiß nicht.“
Das wäre der richtige Weg am Ende eines „Jahrhundert des Kindes“: noch einmal neu zu beginnen, so wie Korczak es uns zeigt.

Zeittafel zum Leben und Wirken von Janusz Korczak
1878 . Geboren am 22.07. als Henryk Goldszmit in Warschau. Eltern: Cecylia und Josef Goldszmit. Der Vater war Advokat und stammte aus der östlichen Provinz, nähe Lublin.
1896 . Erste Veröffentlichung als Gymnasiast: "Der gordische Knoten". Vater Josef stirbt in einem Nervenkrankenhaus.
1899 . Unter dem Pseudonym Janusz Korczak gewinnt er mit einem Drama einen literarischen Wettbewerb. Das Pseudonym behält er im Folgenden sein Leben lang.
1901 . Roman "Kinder der Strasse".Reise nach Zürich: Auf den Spuren Pestalozzis.
1898/1904 . Medizinstudium in Warschau. Betreuung von Kindern im Warschauer Armenviertel. Erste Betätigung im erzieherischen Bereich. Medizinische Promotion. Arztstelle in einem Kinderkrankenhaus.
1904/1906 . Militärarzt im Russich-japanischen Krieg.
1904/1906 . Roman "Kind des Salons".
1906/1911 . Tätigkeit in einem Kinderkrankenhaus im Warschauer Armenviertel. Gleichzeitig freipraktizierender und geschätzter Arzt bei den Wohlhabenden, um seine Hilfstätigkeiten zu finanzieren. Medizinische Studien in Berlin, Paris und London (Anfänge der Pediatrie). Erzieher in "Sommerkolonien" mit Kindern und Jugendlichen.
1912/1914 . Leitung des nach seinen Plänen gebauten jüdischen Weisenhauses "Dom Sierot" (=Haus der Waisen) in der Warschauer Krochmalnastrasse 92. Nur noch eingeschränkte Arzttätigkeit aufgrund der Tätigkeit im Waisenhaus.
1914/1918 . Militärarzt. Weiterhin entsteht sein erstes pädagogisches Hauptwerk "Wie man ein Kind lieben soll".
Ab 1919 . Wieder Leiter von Dom Sierot. Daneben mit Maryna Falska (1877-1944) Errichtung und Leitung eines Waisenhauses für polnische Kinder (Nasz Dom = Unser Haus). Vorlesungstätigkeit für Sonderpädagogik.Kinderroman "König Hänschen I.". Roman "Wenn ich wieder kein bin". "Allein mit Gott. Gebete eines Menschen, der nicht betet."
1926 . Gründung der ersten Zeitung von und für Kinder "Maly Przeglad" (= Kleine Rundschau) als wöchentliche Beilage der polnisch-jüdischen Zeitung "Nasz Przeglad" (= Unsere Rundschau).
1928/1931 . Zweites pädagigisches Hauptwerk: "Das Recht des Kindes auf Achtung". Drama: "Senat der Verrückten". Kinderbuch: "Der Bankrott des kleinen Jack".
1931/1939 . Im polnischen Rundfunk: "Radioplaudereien des alten Doktores". Roman "Kajtus, der Zauberer", deutsch "Kaitus oder Antons Geheimnis". 1934 und 1936 Reise nach Palästina.
1940 . Zwangsverlegung des Dom Sierot in das Warschauer Ghetto durch die Deutschen.
1942 . Erinnerungen (Ghetto-Tagebücher), gerettet und später herausgegeben von Igor Newerly. Anfang August des Dom Sierot mit Korczak, der mehrere Versuche zu seiner eigenen Rettung abgelehnt hatte, mit Stefania Wilczynska, seiner Mitarbeiterin seit 1911, mit dem übrigen Personal und etwa 200 Kindern in das Vernichtungslager Treblinka (vermuteter Todestag 5.8.1942).
1957 . "Korczak und die Kinder", Stück von Erwin Sylvanus (deutsch)
1957/1958 . Erste Ausgabe der "Gesammelten Werke" (4 Bände polnisch), hrsg. von Igor Newerly.
1959 . Deklaration der durch die UN-Generalversammlung in New York.
1967 . Beginn der deutschen Korczak-Edition mit "Wie man ein Kind lieben soll", hrsg. von Elisabeth Heimpel und Hans Roos, eingeleitet von Igor Newerly, Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht.
1972 . Friedenspreis des deutschen Buchhandels posthum an Janusz Korczak (30. Todestag).
1977 . Gründung der Deutschen Korczak-Gesellschaft (Erich Dauzenroth und Adolf Hampel, Giessen.
1978 . Gründung der Internationalen Korczak-Gesellschaft in Warschau.
1985 . Janusz Korczak Bibliografia 1896-1942. Hrsg. von A. Lewin, F. Beiner, E. Dauzenroth.
1987 . Janusz Korczak Bibliographie (dt.) 1943-1987. Hrsg. von F. Beiner, E. Dauzenroth, E. Lax.

Grundpfeiler der Korczakschen
Pädagogik der Achtung
Das Recht des Kindes auf AchtungAchtung als ein wechselseitiger Vorgang: Respektierung des Kindes von seiten des Erwachsenen lehrt das Kind, andere Menschen zu achten
Recht des Kindes auf seinen Tod Recht des Kindes auf den heutigen Tag Recht des Kindes so zu sein, wie es ist
"Aus Furcht, der Tod könnte uns das Kind entreissen, entziehen wir es dem Leben; um seinen Tod zu verhindern, lassen wir es nicht richtig leben."Ermöglichung von Verselbständigung und Selbstbestimmung durch Förderung von :Möglichkeiten zur SelbstentdeckungMöglichkeit zur Willensausübung und -bildungFreiheit und AutonomieErfahrungsmöglichkeiten . "Wir sollten auch die gegenwärtige Stunde achten, den heutigen Tag. Wie soll es morgen leben können, wenn wir es heute nicht bewusst, verwantwortungsvoll leben lassen ?"Betonung des absoluten Wertes der Kindheit; impliziert die Forderung nach:Gleichberechtigung des Stadiums der Kindheit gegenüber dem Erwachsenen in Familie und Gesellschaft.Zubilligung der spezifischen Kinderperspektive, -bedürfnisse und -wünsche im "Hier und Jetzt".Zubilligung altersadäquater Rechte und Pflichten . "Kinder sind doch nötig auf der Welt, und gerade so, wie sie sind."Förderung der Entwicklung von Individualität und Identität impliziert die Forderung nach : Abbau eines überhöhten "Kindheitsideals"Recht des Kindes auf "Mittelmässigkeit"Berücksichtigung von Veranlagung und Erziehungsmilieu als wichtige Erziehungsdeterminanten Freie Entfaltungsmöglichkeiten, aber im Hinblick auf soziale Möglichkeiten, Bedingungen, Ansprüche
Recht auf demokratische Institutionen für das Gemeinschaftsleben: Parlament, Kollegiealgericht, Privateigentum, öffentliche Meinungsäusserungen etc.


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