Denken heißt Verändern (Brecht)

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03.10.2002 21:43
avatar  nottebaum ( gelöscht )
#1
no
nottebaum ( gelöscht )

Ich freue mich über die Philippika des Web-Masters. Vielleicht kommen wir zu einer echten Diskussion im Fachforum und weg vom "Schwarzen Brett". Wichtiger als die dauernde Informationssuche ist z.B. die kommende neue Ausbildungsordnung (ab 2004/05) in NRW Pflicht, nach der angehende Erzieher FH-Reife und Sozialhelfertitel haben müssen und Abiturienten eine 1-jährige Berufsfachschulausbildung nachweisen müssen. Wer wird mit FH-Reife/Abitur unter diesen Voraussetzungen dann noch Erzieher ? Umgekehrt, wenn diese Zwangsvoraussetzungen gegeben sind, warum haben dann die Politiker nicht den Mut, z.B. in Analogie zur Südtiroler Erzieherausbildung eine irgendwie geartete Hochschulausbildung zu konzipieren ? Bei PISA waren wir schlecht, im Veröffentlichen von Artikeln über PISA konnte die OECD knapp 6 Wochen nach dem Erscheinen der Studie in Deutschland bereits 600 Artikel nachweisen, andere Länder brachten es mal gerade auf 25 ! Also viel Reden, nichts gewesen oder alles nur Wahl- "Versprecher" ?


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04.10.2002 14:54
avatar  Conny ( gelöscht )
#2
Co
Conny ( gelöscht )

Ich würde das Problem noch viel höher ansetzen. Es liegt nicht nur am Niveau der Schüler, sondern vor allem in der Handhabung mit Pädagogik im deutschen Staat. Welche Eltern sind bereit, die höheren Beiträge für ihr Kind zu zahlen, damit Diplom-Erzieher ausgebildet werden können? Welche Schülerin würde studieren und dann ein solch geringes Gehalt in Kauf nehmen?
Die Wertschätzung der Pädagogik (nicht nur des Kindergartens, auch die der Schule) ist so gering, dass kein Politiker es wagen würde, dort mehr Geld zu investieren und dieses zu rechtfertigen. In der Lehrerausbildung ist es genauso. Da können in NRW seit neustem Menschen in die Schule zum unterrichten, die niemals eine pädagogische Ausbildung absolviert haben (Quereinsteiger). Als wäre unterrichten, bzw. erziehen nichts...
Und im Kindergarten sind die Zweitkräfte nciht selten "einfache" Hausmütter, die dann als pädagogische ZWeitkraft laufen.
Muss sich da wundern?!
In Holland wird auf FH-Niveau ausgebildet, die Erzieherinnen haben ein höheres Ansehen und mehr Geld. Der Kiga ist wichtig und wird deshalb auch gefördert.
Solange wir nicht einsehen, dass Pädagogik nicht "nur so" läuft, sondern einer Ausbildung bedarf, die umfangreich und qualifiziert abläuft, solange wird es keine FH-Ausbildung geben!


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04.10.2002 11:25
avatar  bernd weinmann ( gelöscht )
#3
be
bernd weinmann ( gelöscht )

Seit 10 Jahren beobachte ich nun ausführlich die Fachdiskussion. Die Argumente sind schon längst alle benannt und gebetsmühlenartig in die Fachdiskussionen eingebracht.

Für mich zeichnet sich einfach das Bild ab, dass es so einfach in Deutschland zu einer Anhebung auf FH-Niveau nicht kommen wird, solange die Zuständigkeit für diese Ausbildung bei den Kultusministerien der Länder angesiedelt ist. Und das Schulsystem hat seine eigenen Gesetzmäßigkeiten. Da geht es um Schulstandorte, Lehrerversorgung, Lehrpläne, Fachaufsicht, Abgabe von Zuständigkeiten.
Die ganzen Fachdiskussionen kommen doch in den Kultusministerien in ihrer ganzen Dimension nicht an, weil dort von einer schulischen Ausbildung gesprochen und in diesen Kategorien auch gedacht wird und die Fachleute, die eine Veränderung anmahnen, einen Ausbildungs- bzw. Studiengang darin sehen, der nach anderen Prinzipien aufgebaut werden muß.
Auch die Pisa-Studie wird hier zunächst nicht viel erreichen.

Habe mich in meiner Diplomarbeit eingehend mit der "Entschulung der ErzieherInnenausbildung" auseinandergesetzt.
Zu beziehen unter: erzaus@gmx.de


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05.10.2002 18:24
avatar  nottebaum ( gelöscht )
#4
no
nottebaum ( gelöscht )

Es geht mir auch nicht ums Wiederholen bekannter Aspekte. Ich denke nur, dass bei der demnächst obligatorischen Eingangsvoraussetzung für die Erzieherausbildung, nämlich FH-Reife, der nächste Schritt folgen muß, denn sonst ist die Anhebung der Eingangsvoraussetzung sinnlos.
Außerdem frage ich mich angesichts des Niveaus mancher ´Hilferufe´ , wie es um die Kreativität derjenigen bestellt ist, die Kinder in der Kreativitästentwicklung professionell unterstützen sollen. Ist Bibliographieren zu unbequem, ganz abgesehen vom Nachdenken ?
Weiterhin frage ich mich, ob die angehenden ErzieherInnen zu angepasst sind, weil sie sich nicht Gedanken um die Zukunft machen. Sind sie vielleicht auch zu bequem, zu uninteressiert oder durch die Schulen zu uninformiert ? Wenn das der Fall ist, dann basteln unsere Bildungspolitiker an einer ErzieherInnenkatastrophe.


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05.10.2002 20:55
avatar  Conny ( gelöscht )
#5
Co
Conny ( gelöscht )

Wo und wann soll denn die FH-Reife EIngangsvoraussetzung sein?!


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06.10.2002 13:19
avatar  nottebaum ( gelöscht )
#6
no
nottebaum ( gelöscht )

Ab 2003/04 fakultativ, ab 2004 gilt obligatorisch in NRW der Abschluß einer 2-jährigen höheren Berufsfachschule Sozialwesen (incl.24 Wochen Praktikum) mit Abschluß FH-Reife und Titel ´Sozialhelfer´ als Voraussetzung für die Aufnahme der Ausbildung


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06.10.2002 16:48
avatar  Conny ( gelöscht )
#7
Co
Conny ( gelöscht )

Also, wo steht das? Die höhere BErufsfachschule schließt mit der FHR schulischer Teil ab, sofern die Schüler nicht selbst für die Praktika sorgen. Dann gibts das "Voll-Fachabi". Und die BFS, Berufsfachschule Sozialhelfer schließt mit der schlichten FOR ab.
Da sind also einige Unterschiede. BFS als VOraussetzung, übrigens das gleiche wie die BFK, Berufsfachschule Kinderpflege, wäre ja noch verständlich und nachvollziehbar. Aber als EIngang die FHR - das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.
Wo wollen die denn die Schüler herholen?! Die Ausbildung an sich dauert vier Jahre, inklusive VOrpraktikum und Anerkennung. Die HBF, höhere Berufsfachschule, dauert zwei Jahre, wenn man von der Klasse zehn als Eingang ausgeht. Das wären dann ja sechs Jahre- mindestens aber fünf Jahre Ausbildung für anschließend BAT VII...(Kriegen doch ERzieher, oder?!)


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03.10.2002 23:04
avatar  JoJo ( gelöscht )
#8
Jo
JoJo ( gelöscht )

Hi,
also auch in NRW mal wieder nix Halbes und nix Ganzes.
Ich weiß nicht, ob das Problem auch ein wenig tiefer liegt. Gut, PISA liegt uns im Nacken, wobei Lösungen hauptsächlich auf dem Papier zu finden sind. Aber das kann es alleine ja nicht sein. Die Erzieherausbildung findet generell an Fachschulen statt. Nun sind Fachschulen eigentlich für eine Weiterqualifizierung gedacht für Menschen, die schon über einen Beruf verfügen. Dementsprechend haben die Fachschulen in ihrer Entwicklungsgeschichte auch ein hohes Niveau aufzuweisen und Wurzeln in Verbindung mit den Fachhochschulen.
Nun ist das Niveau in der Ausbildung leider gesunken. Anscheinend reicht der Realschulabschluss und damit die vor allem geringere Lebenserfahrung nicht aus. Krampfhafte Versuche Niveau in die Ausbildung zu bringen, indem versucht wurde ein Praktikum (Vorpraktikum) oder eine Ausbildung (Sozialassistentin) vorzuschalten haben anscheinend auch nicht die Erwartungen erfüllt. Die Pläne in NRW sind derweil nur ein weiterer Schritt in den Dschungel.
Hier stellt sich mal wieder die Frage, ob die Ausbildung an der FH nicht besser aufgehoben werde. Ich selbst bin ja dafür (nicht gleich steinigen; ich habe mich in meinen bisherigen Postings nicht unbedingt gegen die Verlagerung an die FH ausgesprochen, sondern nur gegen eine unüberlegte). Voraussetzung sollte erstmal sein, dass die Ausbildung in den Ländern angeglichen wird. Sie sollen nicht alles das gleiche machen, aber Umfang und Inhalte sollten sich schon ähneln.
Die Ausbildung an der Schule zu lassen, ist vermutlich von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Eine pädagosiche Ausbildung in das System Schule mit seinen festgefahrenen Strukturen zu zwängen, führt generell zu Problemen.
Lösungen hab ich auch nicht. Nur Ideen. Gut die haben andere auch. Es kommt aber darauf an, diese Ideen auszuprobieren.

JoJo


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06.10.2002 00:00
avatar  Sanne ( gelöscht )
#9
Sa
Sanne ( gelöscht )

Hallo!

Ich hab mal eine Frage zu dem Thema. Haltet ihr Realschüler für unreifer, dümmer (oder auch irgendetwas anderes) als Abiturienten??

Diese Frage liegt mir echt am Herzen. Vielleicht verstehe ich dann eher warum viele auf eine Erzieherinnenausbildung auf Hochschulniveau pochen. Ich beschäftige mich noch nicht lange mit diesem "Problem" vielleicht klingt darum meine Frage "blöd". aber sie ist durchaus ernst gemeint! Ich würde mich freuen auch ernste antworten/meinungen dazu zu bekommen! Danke schonmal!!

Sanne


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06.10.2002 13:06
avatar  bernd weinmann ( gelöscht )
#10
be
bernd weinmann ( gelöscht )

Auf diese Frage habe ich schon gewartet. Ich kann sie nur für mich beantworten.
Ich gehe davon aus, dass durch die Einführung einer FH-Reife sichergestellt werden kann, dass die Studiereneden bei Beginn ihrer Ausbildung bereits über ein höherers Alter und etwas mehr Lebenserfahrung verfügen. Desweiteren ist für mich notwendig, dass zum Erwerb der FH-Reife eine Ausbildung führte, die es den Studierenden ermöglichte sich bereits eigenständig und kritisch mit Texten aller Art auseinanderzusetzen.
Ich erlebe es in meiner Ausbildung immer wieder, dass ich mit Auszubildenden konfrontiert bin, die große Schwierigkeiten haben eigenständig sich Texte ( Fachliteratur) zu besorgen und zu erarbeiten. Dies scheint mir aber eine wichtige Voraussetzung für die Entwicklung eigenständiger Projekte und Ansätze.
Ein guter Umgang und Fingerspitzengefühl im Umgang mit den Klienten setze ich als selbstverständliche Fähigkeiten voraus.
Klar ist die FH-Reife nicht eine Garantie, dass alle diese Fähigkeiten eingelöst werden, aber man kann und muuss dann im zweiten Schritt die Ausbildungsstruktur zu einer klaren Studienstruktur umwandeln, wo der einzelne sich unter Begleitung von Fachleuten "seine Ausbildung nimmt" und nicht darauf wartet, bis Themen ausführlich ihm/ihr vorgekaut werden.
Diese Eigenständigkeit der Auszubildenden erscheint mir als zentral und es bleibt die Frage, wie schaffen Realschülerinnen den Übergang zu dieser eigenständigen Studienstruktur. Ich glaube es dürfte leichter fallen sich in einem Studiengang zurecht zufinden, wenn mindestens zwei weitere Jahre der Allgemeinbildung (oder evtl. Ausbildung) und der persönlichen Reifung vorliegen.


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06.10.2002 14:26
avatar  Sandra ( gelöscht )
#11
Sa
Sandra ( gelöscht )

Deine Aussage kannst du jetzt aber nicht verallgemeinern. Ich denke es gibt genügend RealschülerInnen die in der Lage sind, nach einer Phase der Eingewöhnung natürlich, texte selbständig zu erarbeiten. Also in meiner Klasse war es so dass die, die dazu nicht in der lage waren, von den Lehrern nach kurzer zeit "gegangen wurden" !!!

Gut du hast schon recht, wenn man von der Realschule kommt ist man noch ziemlich jung. Als ich mit der Realschule fertig war (mit 16) fühlte ich mich auch überfordert, aber ich denke das Vorpraktikum läßt einen da hineinwachsen, war bei mir zumindest so!

Und nur weil jemand Abi hat und etwas älter ist heißt das nicht das er für den beruf besser geeignet ist, schau doch mal wer alles Abi bekommt!!!

Nichts für ungut aber ich finds halt nicht richtig wenn Realschüler so unter den Scheffel gestellt werden und Abiturienten hochgelobt werden :-)

Liebe Grüße, Sandra


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06.10.2002 16:38
avatar  Sanne ( gelöscht )
#12
Sa
Sanne ( gelöscht )

Da geb ich dir ganz recht! Genau deshalb habe ich diese Frage gestellt.
Es ist ja nicht nur im Beruf der Erzieherin, wo ein immer höherer Schulabschluss erwartet wird (bzw. erwartet werden soll). Was mich stört, ist dass man bald für (fast) alles und jeden Beruf Abitur braucht. Obwohl eben Abiturienten auch nicht immer besser oder schlechter, reifer oder selbstständiger als Realschüler sind.
Ich bin selbst von der Realschule in diesen Beruf gekommen. Ich bin ein Jahr älter als die meisten in meiner Klasse und der Meinung, dass man dieser eine Jahr teilweise schon sehr merkt (was persönliche Reife, selbstständiges Arbeiten,... angeht). Allerdings möchte ich das auch nicht verallgemeinern, da das mit der persönlichkeit jedes einzelnen zu tun hat.
Trotzdem habe ich manchmal das Gefühl das viele diese Ausbildung nicht ganz ernst nehmen, aber ob man das an FH´s oder Uni´s von jedem behaupten kann ist auch wieder ein anderes Thema.
Dies ist jedenfalls meine persönliche Meinung dazu.


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06.10.2002 16:55
avatar  Conny ( gelöscht )
#13
Co
Conny ( gelöscht )

Ich denke, es geht hier nicht um Pauschalisierungen von Abschlüssen und den entsprechenden Intellekt.
Aber jemand, der gerade 16 Jahre alt ist, hat nunmal eine andere Auffassung von Leben und Erziehen, als jemand, der drei Jahre älter ist. SIcherlich gibt es MEnschen, die dem nicht so entsprechend, aber man geht ja immer von der Regel aus.
Und eine 16-jährige ins Heim zum Praktikum zuzulassen, kann manchmal ziemlich Mist sein...
Und dass Gymnasiasten mit Texten besser umgehen können, liegt einfach an der Arbeitsweise der Schulen. Es werden ja in der Oberstufe fast nur TExte durchgekaut, insofern haben die einfach "mehr Übung"..


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06.10.2002 21:42
avatar  JoJo ( gelöscht )
#14
Jo
JoJo ( gelöscht )

Hi,
da kann ich mich Conny nur anschließen. Es geht nicht um "dümmer" oder "schlauer" - ich wüsste auch gar nicht, wie sowas beurteilt werden sollte. Vielmehr steht die Lebensreife (tolles Wort *g*) und das selbstständige Erarbeiten von Inhalten im Vordergrund. Pauschal gesehen haben ältere Menschen nun mal mehr Lebenserfahrung. Zwar soll durch die Erzieherinnenausbildung eine professionelle Sicht- und Heransgehensweise erreicht werden, wer jedoch noch selbst stark erzogen werden muss, kann nur schwer in bestimmten Bereichen selbst erziehen.
Zudem, und das mag durchaus ein Problem sein, wird die selbstständige Arbeit erwartet und die wird nun mal stärker im Abitur erlernt. Ich persönlich halte die Fähigkeit zur eigenständigen Erarbeitung von z.B. Texten für eine Grundvoraussetzung. Dabei soll die Fähigkeit nicht in ihrer Feinstform vorhanden sein, aber eine gewisse Grundlage muss vorausgesetzt werden können.
Dies können i.d.R. nun mal Abiturienten besser. Wobei, wie gesagt, dies keine Einstufung in "dümmer" oder "schlauer" ist.
JoJo


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06.10.2002 12:48
avatar  nottebaum ( gelöscht )
#15
no
nottebaum ( gelöscht )

Es geht nicht um bwertung bzw. Aufwertung bestimmter Schulabschlüsse, sondernd die KMK hat sich dafür entschieden, eine 2-jährige Zwischenstufe zwischen dem Erwerb der FOS-Reife und der Aufnahme der Erzieherausbildung bundeseinheitlich zu verlangen. Das Land NRW arbeitet jetzt im Auftrag der KMK an einer für alle Bundesländer geltenden Rahmenvereinbarung, die jedoch noch Spielraum für die Bundesländer offen läßt. Die Eingangsqualifikation steht allerdings schon jetzt unverrückbar fest.


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