4-K-Konferenz fordert grundlegende Reform der Erzieherinnenausbildung

05.09.2000 13:56
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Raus aus der Sackgasse

4-K-Konferenz fordert grundlegende Reform der Erzieherinnenausbildung

Von Peter A. Scherer

Stuttgart - Nach mehrjähriger Beratung hat die Kultusministerkonferenz (KMK) am 28.01.2000 eine neue Rahmenvereinbarung zur Ausbildung und Prüfung von Erzieher/innen beschlossen. Leider haben sich die Erwartungen von Ausbildung und Praxis auf eine bundeseinheitliche Reform nicht erfüllt, obwohl auch die Jugendministerkonferenz eine grundlegende Reform bei der KMK angemahnt hatte. Im Hinblick auf die Länderzuständigkeit war dies wohl zuviel verlangt.

Mit Schreiben vom 15.03.2000 hat nun das Kultusministerium alle mit der Ausbildung und Anstellung von Erzieher/innen befassten Institutionen, also auch die Konferenz der ev. und kath. Kirchenleitungen und ihrer Spitzen-/Trägerverbände über Kindergartenfragen (4-K-Konferenz) gebeten, ihre Wünsche für die Umsetzung der Rahmenvereinbarung mitzuteilen. Dabei sollte auch auf die Fragen des Erwerbs der Fachhochschulreife im Zusammenhang mit der staatlichen Anerkennung als Erzieher/in, der Integration des Berufspraktikums und der Ausbildung in Lernbereichen eingegangen werden. Bereits vor drei Jahren wurden diese Fragen mit dem Kultusministerium erörtert, dann aber in Erwartung eines weitergehenden KMK-Beschlusses vertagt. Die 4-K-Konferenz beschloss deshalb, sich nicht auf die Beantwortung dieser drei Fragen zu beschränken, sondern angesichts der sich mittelfristig abzeichnenden dramatischen Entwicklungen im Berufsfeld und des Arbeitsmarktes eine grundlegende Reform der Erzieher/innenausbildung in B-W zu fordern. Dies ist möglich, weil die Vorgaben der Rahmenvereinbarung den Ländern inhaltlich wie strukturell weiterhin große Spielräume lassen. Bei der Umsetzung gilt es nun, diese Spielräume für eine kreative und innovative Ausbildungsreform zu nutzen.

Die 4-K-Konferenz stellt fest, dass beim schnellem Wandel der Berufe und den Anforderungen des Arbeitsmarktes mit möglicherweise mehrfachem Berufswechsel im Laufe eines Lebens heute jede berufliche Ausbildung eine konsequente Qualifikationsausbildung sein muss, die neben und mit Fachkompetenzen formale wie personenbezogene Schlüsselqualifikationen vermittelt. Mehr noch als heute werden Erzieher/innen zukünftig die erworbenen (fachlichen) Kompetenzen ihrer Erstausbildung auf erweiterte und neue Arbeitsfelder übertragen können müssen. Entsprechend deutlich hat die Zukunftskommission der Landesregierung auf diese Zusammenhänge in ihrem Bericht (S.96f.und 114f.) hingewiesen.
Dabei sind modulare Ausbildungswege, wie auch von der KMK vorgeschlagen, die nebeneinander berufliche Abschlüsse und Bildungsabschlüsse ermöglichen, notwendige strukturelle Bausteine für die Durchlässigkeit der Ausbildungen, für mögliche Anschlussausbildungen oder den Wechsel in ein benachbartes Arbeitsfeld. Generell muss, im Blick auf die berufliche Flexibilität und bei der Ausdifferenzierung der Arbeitbereiche eine zeitgemäße Ausbildung der Erzieher/innen kompatibel zum Gesamtgefüge der sozialen Berufe sein. Dies ist in B-W. im Gegensatz zu anderen Bundesländern nicht der Fall.

Die 4-K-Konferenz hält es für richtig, dass die Rahmenvereinbarung trotz der erhöhten Anforderungen im Berufsfeld am mittleren Bildungsabschluss als Zulassungsvoraussetzung festhält, weil die Mehrheit der Erzieherinnen diese Ausbildung an den Fachschulen absolviert. Probleme bereitet jedoch die zunehmende Diskrepanz zwischen den Ausbildungsanforderungen und den mitgebrachten Bildungsvoraussetzungen der Bewerber/innen.

Die Rahmenvereinbarung sieht i.d.R. einen 5jährigen Ausbildungsweg vor. Diesen Überlegungen folgend, sollte nach Auffassung der 4-K-Konferenz das Land bei der Umsetzung der Rahmenvereinbarung einen 5jährigen Ausbildungsgang einrichten und damit eine grundlegende Veränderung der Erzieher/innenausbildung anstreben.

Die 4-K-Konferenz empfiehlt
· die Einführung eines zweijährigen Berufskollegs für Sozialpädagogik mit dem möglichen Erwerb der Fachhochschulreife, Abschluss Sozialassistent/in
· die Einrichtung einer dreijährigen Breitbandausbildung an einer (echten) Fachschule/Fachakademie für Sozialpädagogik, kompatibel zum Grundstudium der FH
· einen Berufsabschluss oberhalb der bisherigen staatlichen Anerkennung der Erzieher/innen

Die 4-K-Konferenz fordert damit eine formale Ausbildungsstruktur: 10+2+3, d.h.

Mittlerer Bildungsabschluss 2 Jahre Berufskolleg (Sozialassistent) 3 Jahre Fachschule


Zugangsvoraussetzung für die 3-jährige Fachschule: Abschluss als Sozialassistent/in. Bewerber/innen mit anderen einschlägigen und gleichwertigen Ausbildungen oder mit Fachhochschulreife, Abitur, benötigen ein 6-wöchiges einschlägiges Praktikum.

Die 4-K-Konferenz die Auffassung, " diese Reform
· entlastet die zukünftige Fachschulausbildung vom Erwerb der Fachhochschulreife, schafft Raum für berufsspezifische Innovationen und erhält die bisherigen qualitativen und fachpraktischen Aspekte der Ausbildung
· verbessert die Aufbaufähigkeit der Ausbildung, beendet die bisherige "Sackgassensituation" der Ausbildung und unterstützt die immer mehr geforderte berufliche Flexibilität und Mobilität; dies auch deshalb, weil die Erzieher/innenausbildung in B-W im Vergleich zu anderen beruflichen Ausbildungen gravierend benachteiligt ist. Ohne die geforderten Veränderungen wird diese Ausbildung für junge Menschen immer unattraktiver werden.
· erhöht durch eine 3-jährige postsekundäre Ausbildung die Europatauglichkeit
· gibt der elementarpädagogischen Ausbildung einen angemessenen und zukunftsorientierten Ausbildungsstandort
· hebt insgesamt den Status der Erzieher/innen im Hinblick auf ihren Erziehungs- und Bildungsauftrag in Kindertagesstätten und zukünftig auch im Eingangsbereich der Grundschule."

Über die finanziellen Auswirkungen dieser Reform auch auf die Fachschulen für Sozialpädagogik in eigener Trägerschaft ist sich die 4-K-Konferenz bewusst. Eine greifbare Verbesserung für den Kindergartenbereich und das Berufsbild lässt sich jedoch ohne diese grundlegende Reform der Baden-Württembergischen Erzieherausbildung nicht erzielen. Was meinen Sie dazu?

erschienen in: Tacheles 2/2000 des Landesverbandes Katholischer Kindertagesstätten in Baden-Württemberg


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