Kommentar zur "Reform" der ErzieherInnenausbildung in Baden-Württ

16.04.2003 20:26
avatar  Wigbert Draude-Groschwitz ( gelöscht )
#1
Wi
Wigbert Draude-Groschwitz ( gelöscht )

Grundsätzlich ist eine Reform der Erzieherinnenausbildung notwendig, das mahnt die GEW schon seit Jahren an und hat dazu viele Tagungen angeboten. Begrüßenswert ist, dass das Vorpraktikum integriert wird und ein Lernfeldkonzept auf den Weg gebracht wird. Die GEW allerdings und viele KollegInnen hätten sich ein durchdachtes Konzept gewünscht, an dem alle Betroffenen hätten mitarbeiten können. Stattdessen entstand eine wahnsinnige Hektik, nachdem jahrelang Friedhofsruhe angesagt war.
Unsere Kultusministerin Anette Schavan ist schnell, sehr schnell, zu schnell. Und wie das so ist bei zu schnellen Menschen, Entschlüssen, durchgepeitschten Vorgaben: da kann nichts Gescheites bei rauskommen.
Die LehrerInnen an den Fachschulen jedenfalls sind verärgert: von heute auf morgen sollen sie ein Lernfeldkonzept in die Praxis umsetzen. Der vorgelegte Entwurf eines solchen Konzepts zeigt keinen inhaltlichen roten Faden auf und gibt in methodisch-didaktischem Hinsicht überhaupt keine Anregungen und Vorschläge. Hier sollen sich die Lehrerinnen ein scheinbar neues Konzept aus den Fingern saugen. Das Ministerium hält es nicht für nötig, irgendwelche Fortbildungen dazu anzubieten. Die Teams dürfen sich in einem Vierteljahr , welches von Prüfungssituationen ausgelastet ist– ohne Deputatsermäßigung, versteht sich –ein Konzept zurechtlegen. Offensichtlich weiß das Ministerium selbst nicht, was ein Lernfeldkonzept ist. Und so ist wahrscheinlich, dass der alte Fächerkanon unter anderem Namen weiter lebt und eine wirkliche Veränderung der Ausbildungs- und Lernsituation an den Fachschulen nicht stattfindet.

Die Praxissituation wird sich verschärfen und die Ausbildung qualitativ entscheidend verschlechtern: 1 Schülerin mehr pro Stunde soll die Lehrkraft betreuen. Dies bedeutet eine Verschlechterung der Betreuungssituation um 50 %. Beratende Besuche finden nicht mehr statt, die SchülerInnen sind sofort dem Prüfungsstress ausgeliefert. Dabei bedeuteten beratende Besuche für Lehrkraft wie für SchülerInnen eine Möglichkeit, ohne Prüfungsdruck in einem ausgewogenen Gespräch Praxisanforderungen zu erläutern und die Eignung der Schülerin ohne Zeitdruck zu diskutieren.
Die GEW hat dem Ministerium Forderungen zur Ausbildungsreform gestellt, hat aber eine große Skepsis, ob diese Forderungen überhaupt gelesen, geschweige denn berücksichtigt werden. Politische Erfahrungen von LehrerInnenorganisationen mit der derzeitigen Landesregierung zeigen, dass der Brandt"sche Grundsatz Mehr Demokratie wagen umschlägt in die Teuflische Forderung nach mehr Demokratie verhindern. Die finanziell angespannte Lage scheint durchzuschlagen auf demokratische Strukturen und Beteiligungsprozesse: diese werden immer mehr verunmöglicht!


Forderungen der GEW Baden-Württemberg zur Ausbildungs"reform":

- Eine intensive Fortbildung der KollegInnen in Hinblick auf die Umsetzung des Lernfeldkonzeptes mit wirklich qualifizierten FortbildnerInnen

- Die Einrichtung von didaktischen Teams an den Fachschulen, welche die eigentliche Arbeit leisten, nämlich die Umsetzung der Lernfeldkonzeption.
Die Arbeit in diesen Teams muss in der Deputatsverteilung ihren Niederschlag finden. An der Berücksichtigung der Umsetzungsarbeit im Deputat wird sich erweisen, ob die Reform wirklich ernst gemeint ist.
Ebenso sollten den didaktischen Teams Hilfen zur Verfügung gestellt werden -z.B. Analyseinstrumente etwa wie in Niedersachsen - mit dem die Lernsituationen aufgearbeitet werden können

- Englisch, Deutsch, Religion/Ethik und Mathematik dürfen die Arbeit in den Lernfeldern zeitlich nicht blockieren, sondern müssen zeitlich so zusammen-gefasst werden, dass die Lernfeldkonzeption von ihrer Intention her auch umgesetzt werden kann.

- Rahmenbedingungen der Schule (Arbeitsmöglichkeiten, Räume) müssen den Erfordernissen einer Lernfeldkonzeption angepasst werden

- Das System der Gesamtstundenzahl muss die Wochenstundenzuteilung ablösen

- Die Praxisanteile im Ober- und Unterkurs der FSP ( 6 Stunden statt der geplanten 4 Stunden) müssen erhalten bleiben, um den SchülerInnen die Möglichkeiten einer ausreichenden Praxiserfahrung zu geben. Die Stunden können aus dem Berufspraktikum abgezogen werden.

- Der Betreuungsschlüssel Lehrkraft : SchülerIn muss durchgängig 1:2 (nicht aber 1:3!) betragen, um eine wirkliche Beratung zu gewährleisten. Oft passieren in der betreuten und reflektierten Praxis die entscheidenden Schritte in Bezug auf die Weiterentwicklung der Berufsrolle !

- Die Reform sollte unbedingt als Probephase gelten. In die Auswertung sollten alle wichtigen gesellschaftlichen Kräfte eingebunden werden, um eine qualifizierte Weiterentwicklung zu gewährleisten.


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21.04.2003 17:43
avatar  nottebaum ( gelöscht )
#2
no
nottebaum ( gelöscht )

In NRW ist die Lage auch nicht viel besser, vgl. die gemeinsame Stellungnahme der LAG´s der öffentlichen, katholischen und evangelischen Fachschulen zur dem bislang bekannten Richtlinienentwurf (www.erzieherinnenausbildung-nrw.de)


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16.04.2003 22:35
avatar  JoJo ( gelöscht )
#3
Jo
JoJo ( gelöscht )

Hallo,
eigentlich hatte ich hier ziemlich viel Text stehen. Hab´ es mir aber dann doch anders überlegt. Was soll das ganze Gerede über die Erzieherinnenausbildung, wenn an entscheidender Stelle immer wieder Leute sitzen, die irgendwie doch wenig Ahnung haben und sich leider nur von der - leeren - Brieftasche leiten lassen.
Ach, eigentlich war das auch schon wieder zuviel.

Ciao
JoJo


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02.04.2003 18:14
avatar  Kathrin V. ( gelöscht )
#4
Ka
Kathrin V. ( gelöscht )

Hallo zusammen,
ich fasse mich kurz und frage nur, warum zwar die Praktikantinnen im Berufskolleg betreut werden, aber keinen "Abschluss" als Sozialassistentinnen bekommen, damit die Fachschule eine "echte" wird... oder hab ich das bloß überlesen???
Gruß Kathrin V.


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04.05.2003 22:34
avatar  Wigbert Draude-G. ( gelöscht )
#5
Wi
Wigbert Draude-G. ( gelöscht )

Hallo,

die Ausbildung zur Sozialassisitentin wurde von der Baden-Württembergischen Regierung abgelehnt. Diese Ausbildung würde ein zweijähriges Berufskolleg bedeuten. Daran erkennst du die absolute Halb- bzw. Viertelherzigkeit, mit der die scheinbare "Reform" der Erzieherinnenausbildung in Ba-Wü angegangen wird. Was will man mit gut ausgebildeten Erzieherinnen? Kann es nicht sein, dass die politisch gesehen mehr Ärger als Nutzen bringen?

Man braucht einen verdammt langen Atem in diesen Zeiten.

Gruß

Wigbert Draude


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