ErzieherInnenausbildung in Deutschland

27.02.2001 22:47
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Die Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern in Deutschland
Eine aktualisierte und verkürzte Fassung eines Beitrags zur AFET- Fachtagung 1998 in Celle hat Rainer Haueisen ins Fachforum gestellt.
Im Download-Bereich steht der ausführliche Beitrag mit den übersichtlichen Schaubildern als Word-Dokument zur Verfügung.
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Rainer Haueisen
Die Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern in Deutschland
(Aktualisierte und verkürzte Fassung eines Beitrags zur AFET- Fachtagung 1998 Celle)

In Deutschland - geprägt durch die Kulturhoheit der Bundesländer - sollen Vereinbarungen der Konferenz der Kultusminister der Länder (KMK) die Vergleichbarkeit von Ausbildungen in den einzelnen Bundesländern sichern.

Für den Bereich sozialpädagogischer Fachkräfte, die an Fachschulen oder Fachakademien ausgebildet werden, liegt nach dem Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 28.01.2000 eine Rahmenvereinbarung mit Mindeststandards für die Ausbildung von Staatlich anerkannten Erzieherinnen und Erziehern vor.

Sozialpädagogische Berufe in Deutschland waren in der Vergangenheit weitgehend "Frauenberufe" mit Übergangscharakter zur Familientätigkeit, für die eigene Bildungsgänge eingerichtet waren.

Die Übersicht "System beruflicher Bildungsgänge in Deutschland" macht sichtbar, dass - wenn die aus der Vergangenheit übernommene Sonderstellung dieser Berufe überwunden und ein Schritt zur Professionalisierung getan werden soll - eine Orientierung am allgemeinen System der Beruflichen Bildung notwendig ist.

Die Herstellung der Vergleichbarkeit zum allgemeinen System der beruflichen Bildung klärt vieles: Den Grad der Selbständigkeit, Verantwortung und Zuständigkeit, die tarifliche Eingruppierung, die mit dem Abschluss verbundenen Berechtigungen (weitgehend selbständige und selbstverantwortliche Tätigkeit) und ist geeignet, Vorurteile abzubauen und orientierend zu wirken.

Der überwiegende Teil der Konzeptionen deutscher Kindergartenpädagogik sind - im Gegensatz zu den Einrichtungen für Kinder im Alter von 3 - 6 Jahren in vielen europäischen Ländern - weder eindeutig dem Bildungssektor (Vorschule) noch dem Wohlfahrtssystem (Jugendhilfe oder Sozialpflege) zuzuordnen.
Kennzeichen sowohl des in Kindertageseinrichtungen vorherrschenden Situationsansatzes als auch anderer Konzeptionen (Lebensweltorientierung, Lebensalltag teilen) ist vielmehr der "ganzheitliche Ansatz" mit dem Bestreben, Bedürfnisorientierung, soziales Lernen, Persönlichkeitsentwicklung, Autonomieförderung und die Vermittlung von Wissen zu verbinden. Diese Merkmale sozialpädagogischer Arbeit sollen in der Bewältigung eines gemeinsam gestalteten Tages umgesetzt werden, wobei der personalen Beziehung eine entscheidende Rolle zukommt. Eine Ausdifferenzierung der Aufgaben in "Bildung" durch pädagogische Fachkräfte und "Versorgung und Pflege" durch Assistenten und Hilfskräfte kann in diesem Ansatz nicht erfolgen.

Die Forderung nach der Verlagerung der Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern an die Fachhochschule impliziert die Aufgabe der skizzierten pädagogischen Ansätze. Sie etabliert neben den eher für den Bildungsaspekt zuständigen sozialpädagogischen Fachkräften auf Dauer die Assistentinnen und Assistenten zur Wahrnehmung der delegierten versorgenden und pflegerischen Aufgaben, wenn von einer drastischen Erhöhung der zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel nicht ausgegangen werden kann.
Die Etablierung der Ausbildung sozialpädagogischer Fachkräfte an einer echten Fachschule macht eine einschlägige berufliche Erstausbildung erforderlich. Die Erfahrungen in Hessen (Ausbildung von Sozialassistentinnen und Sozialassistenten seit mehreren Jahren) zeigen, dass diese Ausbildung fast ausschließlich als Vorqualifikation für eine weiterführende Ausbildung (Fachschule für Sozialpädagogik, Fachschule für Familienpflege, Fachoberschule Schwerpunkt Sozialwesen Form B, pflegerische und medizinisch- therapeutische Berufe) wirksam wird. Von zentraler Bedeutung ist die Festlegung, dass der Abschluss der Ausbildung an der Berufsfachschule für Sozialassistenz den direkten Zugang zu den weiterführenden Ausbildungen ermöglicht.

Mit dem Abschluss einer einschlägigen Berufsausbildung stehen den Studierenden zu Beginn der Ausbildung an der Fachschule für Sozialpädagogik einschlägige Vorkenntnisse und Vorerfahrungen zur Verfügung, die eine Verbesserung der Ausbildung an der Fachschule als Weiterbildung ermöglicht.

Die Sorge, dass die Absolventinnen und Absolventen der beruflichen Erstausbildung (Sozialassistentinnen und Sozialassistenten) Erzieherinnen und Erzieher verdrängen und damit eine Dequalifizierungswelle einleiten können, ist trotz der Erfahrungen in Hessen ernst zu nehmen. Dieser Gefahr kann dadurch begegnet werden, dass auf Länderebene nur als sozialpädagogische Fachkraft anerkannt wird, wer über die Mindestqualifikation Staatlich anerkannte Erzieherin oder Staatlich anerkannter Erzieher verfügt.
Durch den Prozess der Professionalisierung und veränderten Lebensentwürfen ist die durchschnittliche Dauer der Berufstätigkeit sozialpädagogischer Fachkräfte deutlich angestiegen.
Es erscheint notwendig, mehr als bisher die Ebenen der Ausbildung, Fortbildung, Weiterbildung mit berufsbiographischen Aspekten und der Personalplanung zu verbinden:

w Die von der KMK bereits beschlossene Möglichkeit, durch Zusatzprüfung die Fachhochschulreife parallel zur Ausbildung an der Fachschule zu erwerben, ist ein erster, wichtiger Schritt.
w Durchzusetzen ist die Anrechnung der Qualifikation der Erzieherinnen und Erzieher auf das Studium an der Fachhochschule in den Bereichen Sozialwesen, Sozialarbeit und Sozialpädagogik als erfolgreiches Grundstudium.
w Von der Fachhochschule angebotene oder von der Fachhochschule zertifizierte Fortbildungsveranstaltungen anderer Träger können als Leistungs- und Qualifikationsnachweis für ein berufsbegleitendes Studium an der Fachhochschule dienen.
w Herauszustellen und zu entwickeln sind Arbeitsfelder in der Sozialpädagogik / Jugendhilfe, für die vorher erworbene Qualifikationen in anderen Bereichen der Jugendhilfe von besonderer Bedeutung sind.

Der Verfasser ist Abteilungsleiter für Sozial- und Heilpädagogik an den Beruflichen Schulen Berta Jourdan in Frankfurt am Main


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